Kommentar Erdoğan in Deutschland: Schwer zu ertragen und zu verhindern

Es wäre ein Albtraum, würde Erdoğan hier für sein Referendum werben. Dann sollte man Erdoğan-Gegner beim Demonstrieren untersützen.

Im Hintergrund der Kölner Dom, im Vordergrund mehrere Demonstranten mit roten Flaggen

Besser als ein Einreiseverbot: gegen Erdoğan demonstrieren Foto: dpa

Auftritte von Recep Tayyip Erdoğan in Deutschland sorgen stets für Aufregung. So war es schon 2008 und 2014, als er zum Wahlkampf nach Köln kam. Und so ist es jetzt erst recht, sollte er als Staatspräsident nach Deutschland kommen, um hier für eine Verfassungsänderung in der Türkei zu werben, die ihm noch einmal deutlich mehr Macht verleihen würde, als er ohnehin schon hat. Es wäre ein Albtraum.

Dass Erdoğan die Freiheiten eines demokratischen Rechtsstaats nutzt, um für den weiteren Abbau der Demokratie in seinem Land zu werben, das ist in der Tat schwer zu ertragen. Erst recht, wenn er seinen Gegnern und Kritikern in der Türkei schon jetzt genau diese demokratischen Rechte vorenthält und Hunderte Journalisten wie den Kollegen Deniz Yücel gefangen hält.

Die nordrhein-westfälische Landesregierung macht es sich aber zu leicht, wenn sie die Bundesregierung nun bittet, sie solle einen Auftritt Erdoğans in ihrem Bundesland, bitte schön, verhindern. Das ist ein durchsichtiges Manöver, mit dem sie Angela Merkel den schwarzen Peter zuschieben möchte. Denn sie weiß, dass die Bundesregierung nur schwerlich ein Einreiseverbot gegen Erdoğan verhängen wird, mit dem sie in der Nato, der Flüchtlingspolitik und vielen anderen Fragen weiter zusammenarbeiten will.

Man wolle nicht, dass „innertürkische Konflikte auf deutschem Boden“ ausgetragen werden – diese Phrase ist insbesondere unter konservativen Scharfmachern beliebt. Die Klage ist allerdings wohlfeil, denn Deutschland und die Türkei sind nun einmal auf vielfältige Weise verbunden. Und deutsche Politiker lassen es sich schließlich auch nicht nehmen, politische Entwicklungen in der Türkei zu kommentieren. Grünen-Politiker wie Cem Özdemir und Claudia Roth reisten sogar zu den Gezi-Protesten in die Türkei oder unterstützen die Kurdenpartei HDP. Da kann man es türkischen Politikern schwer vorwerfen, wenn sie sich zur deutschen Politik äußern.

Gerade weil Deutschland ein liberaler Rechtsstaat ist, darf man sich hier über die Türkei streiten. Solange dies gewaltfrei geschieht, ist das in Ordnung. Auch einen Auftritt von Erdoğan muss man ertragen. Im Unterschied zur Türkei können hier aber auch Erdoğans Gegner demonstrieren und für ein Nein zum Referendum mobilisieren. Sie verdienen unsere Unterstützung.

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Daniel Bax ist Redakteur im Parlamentsbüro der taz. Er schreibt über Innen- und Außenpolitik in Deutschland, über die Linkspartei und das neue "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW). 2015 erschien sein Buch “Angst ums Abendland” über antimuslimischen Rassismus. 2018 veröffentlichte er das Buch “Die Volksverführer. Warum Rechtspopulisten so erfolgreich sind.”

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