Kommentar Eskalation in der Ukraine: Auf keinem guten Weg

Putin schwadroniert von Frieden, ist an einem Ende des Blutvergießens aber nicht interessiert. Die EU muss ihn in seine Schranken weisen.

Will Putin den Donbass von der Ukraine abspalten? Bild: ap

Unabhängig davon, ob – wie von der Kiewer Regierung behauptet – russische Truppen in die Ukraine einmarschiert sind oder nicht: Die Eroberung der Stadt Nowoasowsk durch moskautreue Separatisten stellt eine dramatische Zuspitzung der Lage im Osten des Landes dar.

Das müsste endlich all jenen die Augen öffnen, die wie Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier noch in der vergangenen Woche die Gespräche zwischen Moskau und Kiew „auf einem guten Weg“ und Chancen für eine friedliche Beilegung des Konflikts sehen wollen.

Nein, wer glaubt, Russland sei wirklich daran interessiert, dem Blutvergießen im Donbass ein Ende zu bereiten, ist schlichtweg naiv und hat die Realität aus den Augen verloren. Zwar schüttelt Präsident Wladimir Putin seinem ukrainischen Amtskollegen Petro Poroschenko bei dem Minsker Gipfel PR-wirksam die Hand und schwadroniert von Frieden. Das hindert Moskau jedoch nicht daran, die prorussischen Rebellen, mit denen man ja angeblich nicht das Geringste zu tun hat, tagtäglich mit Waffen, Militärfahrzeugen und Soldaten zu versorgen.

Das wirft die Frage auf, welche Agenda der Kremlchef eigentlich verfolgt. Geht es ihm darum, den Donbass von der Ukraine abzuspalten oder einen Korridor zu der von Russland völkerrechtswidrig annektierten Halbinsel Krim zu schaffen und so den widerspenstigen Nachbarstaat weiter zu zerlegen? Und das mit Mitteln eines Krieges, der nicht mehr asymmetrisch, sondern ganz offen geführt wird?

Was auch immer Wladimir Putin im Schilde führt – offensichtlich glaubt er, den Preis weiter in die Höhe treiben zu können. Diese Einschätzung ist alles andere als abwegig. Trotz flammender Hilfsappelle hat die Ukraine aus dem Westen keine Militärhilfe zu erwarten.

Und Putin weiß nur zu gut, dass die EU-Staaten wegen eigener wirtschaftlicher Interessen eine weitere Verschärfung von Sanktionen nicht wirklich vorantreiben wollen. Und dann sind da noch die Ängste der Bevölkerung in Deutschland und anderswo, der eine funktionierende Gasheizung im Winter wichtiger ist als ein paar Tote in Luhansk und Donezk.

Ungeachtet all dieser Zwänge muss die EU jedoch alle ihr zur Verfügung stehenden, nicht-militärischen Mittel und Wege nutzen, um den Herrscher im Kreml endlich in seine Schranken zu weisen. Denn es geht hier um mehr als nur um die Ukraine. Es geht um die Zukunft des ganzen Kontinents.

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Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.

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▶ Die Liste finden Sie unter taz.de/ukrainesoli

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