Kommentar Gewalt bei den Domspatzen: Die Kirche steht zu Recht am Pranger

Für die Betroffenen wird es nie einen Schlussstrich geben, und das sollte auch für die Kirche gelten. Sie hat große Schuld auf sich geladen.

Zwei alte Männer mit rotem und violettem Gewand und christlichem Schmuck

Papstbruder Georg Ratzinger (links, 2006) ist sich keiner Schuld bewusst Foto: ap

Auch wenn viele in der katholischen Kirche die Affäre gern hinter sich lassen würden, klebt der Missbrauchsskandal auch im siebten Jahr des Beginns der Aufklärung wie Pech und Schwefel an ihr – und zwar völlig zu Recht.

Der Abschlussbericht des unabhängigen Rechtsanwalts Ulrich Weber zum jahrzehntelangen Horrorregime über die Regensburger Domspatzen ist eindeutig: Die körperliche und sexuelle Gewalt, die von 1945 bis Anfang der neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts ausgeübt wurde, sucht in der katholischen Kirche dieses Landes ihresgleichen. Rund 500 Jungen wurden geschlagen, 67 wurden Opfer sexueller Straftaten. Von Einzeltaten oder Einzeltäter zu sprechen wäre absurd. Der Missbrauch war Teil des Systems Domspatzen. Die Kirche hat große Schuld auf sich geladen.

Es gibt eine Entschädigung für die Opfer, aber klar ist auch, dass die seelischen Schäden der Opfer nie enden werden. Einen Schlussstrich wird es für die Betroffenen nie geben. Und das sollte auch für die Kirche gelten. Es darf kein Ende geben in der Reflektion dieser Verbrechen. Denn sie zeigen, gerade bei den Domspatzen, wohin eine Herrschaft der absoluten Macht über Körper und Seelen von jungen Menschen führt: zu schlimmsten Untaten.

Dass der Gott sei Dank jüngst geschasste Präfekt der Glaubenskongregation in Rom, Gerhard Ludwig Müller, der selbst zehn Jahre lang bis zum Jahr 2012 Bischof von Regensburg war, den Missbrauchsskandal bei den Domspatzen zunächst als „Einzelfälle“ und Medienkampagne abgetan hat, spricht für sich.

Auch der Bruder des ehemaligen Papstes Benedikt XVI., Georg Ratzinger, der jahrzehntelang Kapellmeister des Ausnahmechors gewesen ist, scheint sich keiner Schuld bewusst zu sein – noch nicht mal der des Wegschauens. Diese Beispiele zeigen: Der Weg der Kirche zur Aufklärung ist noch sehr lang. Der Druck der Öffentlichkeit auf sie darf nicht aufhören.

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