Kommentar Gina-Lisa Lohfink verurteilt: Im Zweifel gegen die Angeklagte

Laut Gericht gab es keine Vergewaltigung. Es verurteilt Gina-Lisa Lohfink – trotz Anlass zu großen Zweifeln. Die Vergewaltigungswitze werden bleiben.

Gina-Lisa Lohfink hält ein Smartphone in den Händen

Hat Gina-Lisa Lohfink wirklich gelogen? Foto: dpa

Im Zweifel für die Angeklagte. So sieht es das Gesetz vor. Diesen Zweifel hatte Richterin Antje Ebner offensichtlich aber nicht. Am Montag verurteilte sie Gina-Lisa Lohfink zu einer Geldstrafe von 20.000 Euro wegen falscher Verdächtigung. Eine Vergewaltigung habe es im Juni 2012 nicht gegeben.

Dabei scheinen die Dinge heute nicht klarer als gestern. Wer die kurzen Videoausschnitte, die zu dem Fall im Netz kursierten, gesehen hat, folgert schnell: Lohfink wirkt abwesend, stammelt mehrmals „Hör auf“. Sie will nicht. Leute, die die gesamten Aufnahmen gesehen haben, berichten, dass Lohfink zwischendurch auch fröhlich durch das Zimmer getanzt sei.

Nach Sichtung der Aufnahmen schätzte ein Toxikologe es als sehr unwahrscheinlich ein, dass Lohfink unter dem Einfluss von K.O. Tropfen stand – so wie sie es vor Gericht vermutet hatte. Auf einer Beratungsseite zum Thema K.O. Tropfen steht dagegen, dass die Tropfen erst „euphorisierend und enthemmend“ wirken können. Dann kommt die Teilnahmslosigkeit, die Müdigkeit, am nächsten Morgen der Filmriss.

Da sind sie, die Zweifel. An Lohfink, an den beiden Männern. Ein Teil der Beobachter_innen des Prozesses wird weiterhin denken, dass die Männer lügen. Ein anderer Teil fühlt sich in der Annahme bestätigt, Lohfink habe von Anfang an gelogen. Wer hat nun die Wahrheit gesagt? Das Video von der Nacht taugt anscheinend auch nicht zur Aufklärung.

Gina-Lisa Lohfink hätte zur Heldin avancieren können. Die Frau, die das letzte Steinchen war, um die Implementierung eines „Nein heißt Nein“ im Strafgesetzbuch zu verankern. Stattdessen ist sie nun das Sinnbild des aufmerksamkeitsgeilen C-Promis, die unschuldige Männer anklagt, nur um mehr Publicity zu bekommen.

Offenkundig sind beide Bilder falsch.

Nur ist Letzteres das Bild, das Gina-Lisa Lohfink fortan anhängen wird. All die Bemühungen, die Verhandlung des Falls in der Öffentlichkeit von Lohfinks Äußerem und ihrem Lebensstil abzukoppeln – umsonst. Jetzt geht sie ins Dschungelcamp und Menschen werden im Netz weiter Vergewaltigungswitze über sie reißen.

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Stellvertretende Chefredakteurin der taz seit April 2016. Vorher Chefredakteurin des Missy Magazine. Aufgewachsen in Dresden. Schreibt über Kultur, Feminismus und Ostdeutschland. In der Chefredaktion verantwortlich für die digitalen Projekte der taz. Jahrgang 1985.

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