Kommentar Griechenland: Papandreou heizt den Protest an

Mit eine Kopfsteuer nach osmanischem Vorbild will Ministerpräsident Papandreou weiter sparen. Dabei steckt das größte Sparpotential anderswo.

Eine Sondersteuer auf Immobilien soll im überschuldeten Griechenland die noch fehlenden zwei Milliarden Euro im laufenden Haushalt zusammenbringen – wie üblich eine Kopfsteuer nach osmanischem Vorbild, die Kleinverdiener und Wohlhabende, Steuerzahler und Steuersünder gleich belastet.

Kaum zwei Monate ist es her, als eine Kopfsteuer von 300 Euro jährlich auf alle Freiberufler im Land verhängt wurde. Sowohl Prominentenärzte als auch Krankenschwestern werden dadurch pauschal zur Kasse gebeten, prekär beschäftigte Journalisten entrichten die gleiche Sondersteuer wie ihre Verleger.

Das ist der Stoff, aus dem neue soziale Konflikte entstehen. Denn das Gefühl der Ohnmacht und der Ungerechtigkeit breitet sich immer weiter aus. Von Regierungspolitikern hört man die Rechtfertigung, Sparmaßnahmen seien alternativlos; aber spart man wirklich dadurch, dass Freiberufler, Raucher oder Autofahrer immer höhere Pauschalsteuern bezahlen – ohne Rücksicht auf Einkommensunterschiede? Und was kommt als nächstes? Vielleicht eine Sondersteuer auf Linkshändler oder Rotweinliebhaber?

ist Griechenland-Korrespondent der taz.

Das größte Sparpotential in Griechenland steckt im ausufernden Staat. Das weiß auch Ministerpräsident Papandreou. Aber er wagt es nicht, auf Konfrontation zu gehen mit den mächtigen Berufsgilden in der Regierungspartei, die 2009 seine Wahl zum Ministerpräsidenten erst ermöglicht haben.

Unvergesslich bleibt sein Auftritt auf der Internationalen Messe von Thessaloniki vor zwei Jahren: Im Brustton der Überzeugung erklärte der damalige Oppositionsführer Papandreou, im Haushalt gäbe es genug Geld für Steuererleichterungen und Lohnerhöhungen, es reiche doch nur, dass man die vorhandene Geldmenge gerecht verteilt. Mit diesem Versprechen, an das er sich heute nicht erinnert werden möchte, konnte Papandreou im Oktober 2009 einen grandiosen Wahlerfolg einfahren.

Zwei Jahre später sind seine Wähler zutiefst desillusioniert. Sie glauben mitnichten, dass das Geld nach gerechten Kriterien verteilt wird. Aber es wäre immerhin schon viel gewonnen, wenn die Regierung ihr Geld irgendwann mal nach gerechten Kriterien besteuern würde.

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