Kommentar: Kai von Appen über das Ende des Gutscheinsystems: Wort gehalten

Eine klare Anweisung zur Barauszahlung von Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius wäre sinnvoll gewesen, sein Erlass ist dennoch ein Meilenstein in Sachen Humanität

Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) hält sein Wort: Nur wenige Wochen nach seinem Amtsantritt hat er das umstrittene Gutscheinsystem gekippt. In einer Anweisung stellt er es nun den niedersächsischen Landkreisen und kreisfreien Städten anheim, Sozialleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz in Bargeld oder als Wertgutscheinen auszuzahlen. Der Erlass lässt nun beides zu.

Mit dem Fall des repressiven Diktates von Vorgänger Uwe Schünemann (CDU), der durch das Gutscheinsystem Flüchtlinge von einer Einreise in die Bundesrepublik abschrecken oder ihnen ihren Aufenthalt im Lande vermiesen wollte, geht nicht nur eine Ära menschenverachtender Flüchtlingspolitik neoliberaler Prägung vorbei. Es könnte zugleich auch der Anfang sein, diese diskriminierende und verfassungsbedenkliche Praxis in Gänze im Lande ad acta zu legen.

Dafür müssten aber alle Kommunen mitziehen. Denn es ist inhuman, wenn Flüchtlinge irgendwo weiterhin Nahrungs- und Unterhaltsmittel gegen diese Gutscheine eintauschen müssen – und dann an der Kasse von der Kassiererin entwürdigend ermahnt werden, dass es ein preiswerteres Produkt gebe. Darum wäre eine klare Handlungsanweisung – wie vom Flüchtlingsrat gefordert –, nur in seltenen Ausnahmefällen von der Bargeldauszahlung abzuweichen, sinnvoll gewesen. Pistorius’ Erlass ist dennoch ein Meilenstein in Sachen Humanität.

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Jahrgang 1956, Seit 1983 bei der taz – zuerst bei der taz.hamburg und jetzt bei der taz.nord in Hamburg. Ressorts: Polizei, Justiz, Betrieb und Gewerkschaft. Schwerpunkte: Repression, progressive Bewegungen und Widerstand gegen Gentrifizierung

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