Kommentar Kaltreserven: Der Schalter ist umgelegt

Die Bundesnetzagentur verzichtet auf ein Atomkraftwerk als Reserve. Sie entscheidet dabei anhand von Fakten, nicht aus ideologischen Gründen.

Es war die vorerst letzte Schlacht derjenigen, die aus ideologischen Gründen möglichst viele Atomkraftwerke am Netz haben wollen: Zusammen mit einigen Hardlinern in der Union hatte vor allem die FDP darauf gedrängt, einen Reaktor im "Stand-by-Betrieb" zu halten, um ihn bei Strom-Engpässen wieder ans Netz nehmen können.

Dass die Atomfreunde mit diesem Plan gescheitert sind, ist ein gutes Zeichen: Auch unter Schwarz-Gelb entscheidet jetzt nicht mehr Ideologie über die Energiepolitik, sondern Fakten.

Die Regierung hatte die Entscheidung an die zuständige Fachbehörde, die Bundesnetzagentur, delegiert. Und die hat nach gründlicher Prüfung bestätigt, was den meisten ExpertInnen schon vorher klar war: Als "Kaltreserve" ist ein Atomreaktor erstens ungeeignet und zweitens unnötig.

Zudem zeigt die jüngste Entwicklung erneut, wie sich die Kräfteverhältnisse verschoben haben. Selbst die hessische Landesregierung, die bisher stramm auf Atomkurs war, wollte am Ende nicht, dass das AKW Biblis im Stand-by-Betrieb bleibt. Zu eindeutig ist Atomkraft zum Verliererthema geworden, zu groß ist die Sorge, dass der gerade beruhigte Konflikt wieder ausbricht.

Die Befürchtung mancher AtomkraftgegnerInnen, dass die Bundesregierung bei erster Gelegenheit wieder auf einen atomkraftfreundlicheren Kurs einschwenkt, hat sich zumindest bei dieser Entscheidung nicht bestätigt.

Das lässt hoffen, dass auch der weitere Ausstieg planmäßig umgesetzt wird - zumal die Entwicklung der Erneuerbaren eher für ein früheres als für ein späteres Abschalten der verbliebenen AKWs spricht. Wenn zudem der gesellschaftliche Druck anhält, dürften die Atomfreunde auch weiterhin schlechte Chancen haben.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.