Kommentar Krieg zwischen Israel und Hamas: Frieden, nicht Feuerpausen

Im Fall Gaza zeigen beide Seiten, dass sie an einem wie auch immer gearteten Frieden gar nicht interessiert sind. Nun müsste das Ausland aktiv werden.

In Gaza hingegen gilt der Schutz von Zivilisten immer weniger. Bild: dpa

Die Rufe der internationalen Politik und der Vereinten Nationen nach einer Waffenruhe in Gaza häufen sich, bleiben aber ohne Wirkung. Mit Ausnahme kurzer „humanitärer“ Pausen – gerade genug, Leichen zu bergen, Tomaten zu kaufen und tief durchzuatmen, bevor der Kampf in verstärktem Maße wieder aufgenommen wird.

Doch nicht eine vorübergehende Waffenruhe, sondern ein Ende dieser alle paar Jahre erneut aufflackernden Auseinandersetzung ist das Gebot der Stunde. Darum muss es gehen. Bisher nannte man das „Frieden“. Jedoch will dieses Wort im nahöstlichen Kontext kaum noch über die Lippen. Im Fall Gaza machen beide Seiten – sowohl die Hamas wie die Regierung Netanjahu – kein Hehl daraus, dass sie an einem wie auch immer gearteten Frieden gar nicht interessiert sind.

Die Hamas lehnt das Existenzrecht Israels prinzipiell ab und damit auch die „Zweistaatenlösung“, die weltweit als einziges Rezept für eine gerechte Beilegung des Konflikts betrachtet wird. Sie ist nicht zu Gesprächen mit Israel bereit.

Die Regierung Netanjahu wiederum handelt ähnlich. Zwar hat sie schon mal von Frieden gesprochen, dabei aber nie ernsthaft an zwei gleichberechtigte Staaten gedacht. Sonst hätte sie die Möglichkeit von Verhandlungen mit dem konzilianten Palästinenserpräsidenten und PLO-Chef Mahmud Abbas nicht hintertrieben und aufgekündigt, als dieser eine palästinensische Einheitsregierung mit der Hamas vereinbarte.

Schutz von Zivilisten

Spätestens da wurde der Konfrontationskurs deutlich. Als drei junge Israelis im Westjordanland entführt und später ermordet wurden, setzte eine Hetzjagd auf vermeintliche und wirkliche Hamas-Anhänger ein. Wenig später verstärkte sich der Raketenbeschuss aus Gaza – Anlass für israelische Luftangriffe und die Mobilisierung von Reservisten. Der Raketenbeschuss müsse gestoppt werden, hieß es aus Jerusalem und Tel Aviv.

Als die Bodenoffensive begann, ging es um die Tunnel, die von Gaza nach Israel hinein gegraben worden waren. Deren Existenz ist bereits seit dem Jahr 2006 bekannt, als durch einen dieser Tunnel ein israelischer Soldat nach Gaza entführt wurde. Der Soldat kam erst Jahre später frei. Zum Kriegsgrund wurden die Tunnel aber erst, als Israel erkannte, wie ausgeklügelt und weitläufig das Tunnelsystem tatsächlich inzwischen geworden war.

Und die Welt schaut zu. Sie war leicht davon zu überzeugen, dass Israel etwas gegen Raketenangriffe und durch Tunnel durchgeführte Überfälle und Entführungsversuche tun müsse. Aber ganze Stadtteile in Schutt und Asche legen? Schulen und Krankenhäuser beschießen? Hierfür kann es auch dann keine Rechtfertigung geben, wenn Raketen aus zivilen Wohnvierteln abgeschossen werden. Der Schutz der Zivilbevölkerung nimmt in allen internationalen Konventionen einen hohen Stellenwert ein. In Gaza hingegen gilt er immer weniger. Was nützen da Warnungen per SMS, die Israel vor seinen Angriffen an die Bevölkerung des Zielgebietes versendet?

Initiativ werden

Es ist zynisch, der Hamas zu unterstellen, sie habe es darauf angelegt, dass tote Zivilisten Israel Minuspunkte einbringen, was Image und Propaganda betreffen. Aber genau dies geschieht: Je größer das Elend in Gaza, desto stärker die Solidarisierung bei den Palästinensern, also auch bei jenen, die bisher nichts mit der Hamas zu tun hatten. Eigentlich sollten bald Wahlen abgehalten werden. Dazu dürfte es nicht mehr kommen.

Wer allerdings annimmt, solcherart Punktgewinne könnten die Islamistenbewegung, also die Hamas, zur Siegerin der Konfrontation machen, der macht einen ebenso großen Gedankenfehler wie Benjamin Netanjahu. Der Kampf müsse fortgesetzt werden, bis das Ziel erreicht sei, tönt der Premier. Welches Ziel? Ein Ende des Raketenbeschusses, die Schließung der Tunnel oder ein Ende der Hamas? Dank der Gewalt der letzten Wochen wird die Verbitterung der Überlebenden erst recht in Radikalisierung umschlagen. Wenn die Kontrahenten also weder bereit noch in der Lage sind, den Wahnsinn und die Nutzlosigkeit ihres Agierens einzusehen und schleunigst die Notbremse zu ziehen, sollten die Bremsklötze von außen vorgeschoben werden.

Mit anderen Worten: Das Ausland sollte initiativ werden. Es sollte beispielsweise mit der Hamas sprechen und andererseits aufhören, Israel mit Samthandschuhen anzufassen. Was in und mit Gaza geschieht, ist mit den oft beschworenen Werten des Westens jedenfalls so nicht mehr vereinbar.

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