Kommentar Krise in Griechenland: Diktatur der Technokraten

Demokratie? Nicht mit der Troika. Es sieht so aus, als würden die Griechen der Eurozone nachgeben, um den Grexit zu vermeiden.

Ein Mann läuft an einem Plakat vorbei

„Oxi“: Ein Mann läuft an einem Syriza-Plakat zum geplanten Referedum vorbei. Es wirbt dafür, mit „Nein“ zu stimmen. Foto: dpa

Die Strategie der Europäer ist knallhart: Sie setzen auf ultimative Konfrontation. Griechenland soll nachgeben – und zwar bedingungslos. Sonst droht der „Grexit“.

Dieses Kalkül dürfte funktionieren. Seit drei Tagen sind die Banken in Griechenland geschlossen, und das Chaos ist bereits riesig. Zudem haben die Griechen immer noch Guthaben von mehr als hundert Milliarden Euro bei ihren Banken – Geld, das die Sparer retten wollen und das weitgehend wertlos wäre, wenn es zum Grexit käme.

Es ist also damit zu rechnen, dass die Griechen nachgeben, um einen Grexit zu vermeiden. Die Frage ist nur noch, wer die Unterwerfungsurkunde unterzeichnet. Ob es noch Tsipras ist oder irgendein Ad-hoc-Stellvertreter. Ob es noch vor dem Referendum geschieht oder danach.

Doch die Eurozone sollte sich nicht zu früh freuen, wenn sie die Griechen wieder „auf Linie“ gebracht hat. Es wird im kollektiven Gedächtnis haften bleiben, dass eine demokratisch gewählte Regierung so gedemütigt wurde. Die Botschaft der Eurozone ist unmissverständlich: Wer nicht spurt, wird mit den Zwangsmitteln der EZB bestraft. Diese Lektion werden sich nicht nur die Griechen merken, sondern alle potenziellen Krisenländer.

Demokratie? Nicht mit der Troika

Die Eurozone mutiert zu einer Diktatur der Technokraten. Es ist erschreckend, das 10-seitige Verhandlungspapier zu lesen, das die EU-Kommission veröffentlicht hat. Bis ins allerletzte Detail ist vorgegeben, was das Athener Parlament zu beschließen hat. Demokratie? Nicht mit der Troika.

Kanzlerin Merkel spricht gern von „demokratischen Werten“, doch diese Werte werden jetzt demoliert. Die Eurozone hat derart eskaliert, dass jetzt nur noch die Vollbremsung bleibt: Merkel muss sich großzügig zeigen. Sonst ist Europa gescheitert, noch bevor der Euro endgültig am Ende ist.

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Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

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