Kommentar Masernimpfung: Her mit der Impfpflicht!

Weltweit ist die Zahl der Masernfälle um 30 Prozent angestiegen. Jeder aufgeklärte Mensch sollte die Pläne zur Impfpflicht unterstützen.

Eine Spritze gegen Masern

Kleiner Pieks mit großer Wirkung gegen Masern Foto: dpa

Kleine rote Flecken am gesamten Körper, Fieber, geschwächtes Immunsystem. Manchmal sogar Lungen- und Hirnhautentzündungen – und Tod. So sieht es aus, wenn jemand Masern hat.

Masern? Moment mal, die kriegt man doch gar nicht, dagegen ist man doch geimpft. So war es früher mal. Die meisten Erwachsenen sind gegen diese hoch ansteckende und lebensgefährliche Infektionskrankheit gewappnet, weil sie als Baby eine kleine Spritze mit großer Wirkung bekommen haben. Aber seit Impfgegner*innen massiv gegen den Schutz des geborenen Lebens protestieren, gehen Masernimpfungen zurück – und die Krankheit kommt wieder.

Und zwar in fatalem Ausmaß: Weltweit ist die Zahl der Masernfälle laut Weltgesundheitsorganisation um 30 Prozent gestiegen. Allein 2017 sind laut WHO etwa 110.000 Menschen daran gestorben – meist Kinder, die noch nicht einmal fünf Jahre alt wurden. Das UN-Kinderhilfswerk Unicef beklagt, dass in jüngster Zeit in fast 100 Ländern mehr Masernfälle als früher aufgetreten sind. Das gilt auch für Deutschland: 2017 meldete das Robert-Koch-Institut fast 1.000 Masernfälle, ein Jahr zuvor waren es noch knapp über 300.

Die Ansteckung ist denkbar einfach – einmal angehustet oder angeniest, und schon kann es einen erwischt haben. Selbst wenn man einfach nur miteinander spricht, kann das passieren. Der Atem schickt die Viren von einem Menschen zum anderen. Masernviren sind wie Bettwanzen: zunächst unbemerkt, aber dann besonders heimtückisch und fies. Da hilft nur die Chemiekeule.

Nur Verschwörungstheoretiker*innen wissen es besser

Aber genau die lehnen Impfgegner*innen ab. Mit Argumenten wie „Impfungen machen erst recht krank“, „Impfen hilft sowieso nicht“, „eine Impfpflicht ist eine Diktion von oben gegen die Selbstbestimmung von unten“. Manchmal wird diese gefühlte Bevormundung unterfüttert mit verbrämt-religiösen Befindlichkeiten wie „Gott will, was Gott will“.

Impfgegner*innen bringen nicht nur ihre eigenen Kinder in Gefahr, sondern auch andere Menschen

Das ist alles Mumpitz. Fakt ist, dass die Masernimpfung Leben rettet. Die WHO geht davon aus, dass der kleine Pikser allein in den Jahren zwischen 2000 und 2017 weltweit über 21 Millionen Todesfälle verhindert hat. Die Impfungen sind also eher ein Segen für die Menschheit.

Jetzt plant die Bundesregierung, die Masernimpfung als gesetzliche Pflicht einzuführen. Man kann von der Großen Koalition halten, was man will, aber an diesem Punkt sollte sie jeder aufgeklärte Mensch unterstützen. Wie wäre es mit einem „Friday Against Measles“? Und gegen andere Krankheiten wie Pocken oder Polio, die durch Impfungen nahezu ausgerottet waren, aber jetzt zurückkehren, nur weil Egoist*innen, Verschwö­rungstheoretiker*innen und medizinische Laien in Hybrismanier meinen, es besser zu wissen.

Globale Verantwortung

Dabei bringen die Impf­gegner*innen so nicht nur ihre eigenen Kinder in Gefahr, sondern auch andere Menschen. Aber wieso das denn, kontern diese dann gern: Wer geimpft ist, hat doch nichts zu befürchten. Das mag stimmen, ändert aber nichts an der Tatsache, dass durch die zurückgegangenen Impfungen Krankheiten wiederkehren und Menschen an Infektionen sterben. Wem nutzt das? Denen „da oben“? Gott?

Außerdem verkennt die Arroganz der Impfgegner*innen auch, dass es noch immer Länder auf der Welt gibt, in denen der Impfstoff nicht wie in Europa (kostenlos) verfügbar ist. Die Menschen dort sind stark gefährdet. Ob Impfgegner*innen daran denken, wenn sie in den Flieger steigen und sich auf ihre Safari im Krüger-Nationalpark freuen?

Die Globalisierung sorgt mit dafür, dass Infektionen leichter von einem Ort zum nächsten, von einem Kontinent auf den anderen geflogen werden. Das kann aber ganz leicht verhindert werden. Deshalb her mit der Impfpflicht, und zwar sofort.

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Ressortleiterin taz.de / Regie. Zuvor Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es immer wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.

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