Kommentar Prostituiertenschutzgesetz: Dieses Gesetz ist überflüssig

Das neue Prostituiertenschutzgesetz tritt Anfang Juli in Kraft. Dass es tatsächlich Sexarbeitende schützt, ist mehr als zweifelhaft.

Beine von Prostitutierten auf einer Straße

Stehen sie nur an, um sich vom Chef das Betriebskonzept zeigen zu lassen? Foto: dpa

Stellen Sie sich mal Folgendes vor: Eine Prostituierte geht zu ihrem Chef, einem Bordellbetreiber, und sagt, sie wolle jetzt mal das Betriebskonzept sehen. „So was müssen Sie doch haben, Boss!“ Oder malen Sie sich diese Szene aus: Ein Mann kommt aus einem Bordell, draußen stehen zwei Beamte und sagen: „Zeigen Sie uns bitte Ihr benutztes Kondom.“

Finden Sie komisch? Das ist voller Ernst. Die Pflichten zur Vorlage eines Betriebskonzepts für ProstitutionsstättenbetreiberInnen und zum Benutzen eines Kondoms für Freier stehen im Prostituiertenschutzgesetz, das am 1. Juli in Kraft treten soll. Darin steht auch, dass Prostituierte sich künftig anmelden und zudem regelmäßig gesundheitlich beraten lassen müssen.

Vielen SexarbeiterInnen geht das – Achtung, Wortwitz – gegen den Strich. Sie fürchten eine Art Sex-Stasi, staatliche Willkür und eine moralisch stark aufgeladene Sicht auf einen Lebensbereich, der laut Statistischem Bundesamt einen Jahresumsatz von rund 14,6 Milliarden Euro hat.

Andererseits: Was ist gegen eine Kondompflicht zu sagen, die sowohl Prostituierte als auch Freier insbesondere vor Krankheiten schützt? Was spricht gegen Transparenz bei der Sexarbeit, um die sich nicht nur viele (Sex-)Mythen ranken, sondern die eng verbunden wird mit Kriminalität, Drogen, Zwangsprostitution und Menschenhandel?

Nichts. Aber ob das Prostituiertenschutzgesetz tatsächlich Sexarbeitende schützt, ist fraglich. Was, wenn sich Prostituierte der Anmeldepflicht widersetzen, illegal arbeiten und damit unsichtbar werden? Dann haben die Behörden erst recht keine Kontrolle über das, was im Rotlichtmilieu passiert. Das wiederum könnte Menschenhandel und Zwangsprostitution Vorschub leisten, statt sie einzudämmen, so, wie das mit dem Gesetz beabsichtigt ist.

Was, wenn Prostituierte illegal arbeiten und damit unsichtbar werden?

In Schweden ist Prostitution seit vielen Jahren verboten. Mit dem Resultat, dass es dort laut einer EU-Studie jetzt mehr sexuell Ausgebeutete gibt als früher.

In Deutschland ist Prostitution seit 2002 legalisiert durch das Prostitutionsgesetz. Dadurch können sich SexarbeiterInnen ganz offiziell bei Kranken- und Rentenkasse anmelden und sich gegen Arbeitslosigkeit versichern. Sie können auch gegen SexkäuferInnen klagen, die nicht zahlen wollen. Drei knappe Paragrafen, die das Wichtigste längst regeln.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Ressortleiterin taz.de / Regie. Zuvor Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es immer wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.