Kommentar Rede US-Präsident: Obama gibt den Afrikaner

Barack Obama hat mehr als eine Fensterrede gehalten. Die USA zeigen, dass sie eine durchdachte Politik haben. Das hat politische Sprengkraft.

Barack Obama in einer Menschenmasse, die ihm die Hände entgegenstrecken

Amerika und Afrika teilen eine gemeinsame leidvolle Geschichte: Obama während seiner Reise in Nairobi. Foto: ap

Nein, den historischen Satz „Ich bin ein Afrikaner“ hat Barack Obama nicht gesagt. Aber das musste er nicht. Die offenen Worte, die der US-Präsident in seiner Grundsatzrede vor der Afrikanischen Union zum Abschluss seiner Afrikareise fand, enthalten auch so erhebliche politische Sprengkraft.

Gerade weil er selbst afrikanischer Abstammung ist, fordert Obama ein Recht darauf ein, Missstände in Afrika anzuprangern und für die Menschenwürde einzustehen. Wenn ihm seine afrikanische Abstammung dazu das Recht gibt – dann, das ist in dieser Feststellung implizit, gebührt dieses Recht noch viel mehr den Afrikanern in Afrika selbst, die oft hinter Gittern landen, wenn sie die Zustände in ihren Ländern beim Namen nennen.

Amerika und Afrika, daran wurde auf dieser Obama-Reise mehrfach erinnert, teilen eine gemeinsame leidvolle Geschichte, zurückgehend auf den transatlantischen Sklavenhandel und das Blut und den Schweiß von Millionen Afrikanern, die Amerika aufgebaut haben.

Es ist verlockend, sich zu überlegen, wie die US-afrikanischen Beziehungen aussehen könnten, wenn sie vor allem auf der Bewältigung dieser düsteren Gemeinsamkeit aufbauten. Seine Töchter, sagte Obama, seien Nachkommen sowohl von Sklaven als auch von Sklavenbesitzern. Ein Afrika, das sich zur Vergewisserung seiner eigenen Identität auch auf diese Geschichte von Massenmord und Ausbeutung beruft, kann sich nicht gegen Kritik der daraus entstandenen Nachkommen verwehren.

Diese Kritik und vor allem die Art, sie zu rechtfertigen, ist mehr als eine Fensterrede. Obama nannte auch Richtungen, in denen die USA den schönen Worten praktische Taten folgen lassen können: Gewährleistung gleicher Rechte für Mädchen und deren Förderung im Bildungswesen oder Schutz kritischer Journalisten. In zahlreichen Ländern ist schon zu beobachten, dass US-Diplomaten sich unbekümmerter als ihre europäischen Kollegen für gefährdete Regierungskritiker einsetzen und ihnen explizit durch öffentliche Treffen den Rücken stärken, während EU-Länder folgenlose Appelle an die Regierenden bevorzugen.

Allmählich wird deutlich, dass das keine einmaligen Ausrutscher einzelner Diplomaten sind, sondern das es eine durchdachte Politik ist. Obama hat jetzt die Grundlage dafür nachgeliefert.

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Seit 2011 Co-Leiter des taz-Auslandsressorts und seit 1990 Afrikaredakteur der taz.

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