Kommentar SPD-Kanzlerkandidaten: Nahles' Flirt mit Wowereit

Andrea Nahles will deutlich machen, dass die SPD noch mehr Kanzlerkandidaten hat, als Peer Steinbrück. Aber Klaus Wowereit hilft sie damit nicht.

Es ist nicht sicher, ob SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles wirklich Klaus Wowereit als Kanzlerkandidaten ihrer Partei offensiv ins Spiel bringen will. Was sie in einem Interview dazu sagt, ist so vage, dass man es wirklich nur mit allergrößter Mühe als Proklamation lesen kann. Aber klar ist immerhin, dass Nahles diese Andeutung bewusst gemacht hat. Ihre Botschaft ist: Es gibt mehr Kandidaten in der SPD als Peer Steinbrück. Denn der ist für den linken Parteiflügel das personifizierte Grauen.

Doch Klaus Wowereit wird nie im Leben der Kanzlerkandidat der Sozialdemokratie für 2013 werden. Aus mehreren Gründen. Einer ist denkbar einfach: Wowereit will gar nicht. Er sagt offen, dass er mit dem Roten Rathaus in den nächsten Jahren zufrieden ist. Anders als andere Dementis muss man dieses ernst nehmen.

Berlins jetziger - und wohl auch künftiger - Regierender Bürgermeister wurde nach dem Absturz bei der Bundestagswahl 2009 von der SPD-Linken schon mal als neuer Hoffnungsträger gehandelt. Doch weder ließ er seitdem den Hauch einer bundespolitischen Ambition erkennen, noch erweckte er nur den Anschein, zu bundespolitischen Debatten etwas Fundiertes beitragen zu können.

Wowereit blieb bei S-Bahn und Currywurst, und das ist auch gut so. Er ist kein schlechter Bürgermeister, aber ihm fehlt das Format, um Kanzler zu werden. Und der SPD-Kandidat hat 2013 sehr reale Chancen auf den Job.

Auch die SPD-Linke Nahles weiß, dass man einen Kandidaten verbrennt, wenn man ihn zu früh ins Spiel bringt. Ihr zarter Versuch, die "Wowereit kann Kanzler"-Idee zu reanimieren, ist Ausdruck großer Verzweiflung. Den unsteten Parteichef Siegmar Gabriel können sich viele nicht als großen Staatsmann vorstellen.

Peer Steinbrück und Frank-Walter Steinmeier, die Architekten der Agenda 2010, schon. Der Flirt mit Wowereit zeigt, dass der linke Flügel der SPD im Kanzlerkandidaten-Spiel der Partei schlicht keine Rolle spielt.

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Ulrich Schulte, Jahrgang 1974, schrieb für die taz bis 2021 über Bundespolitik und Parteien. Er beschäftigte sich vor allem mit der SPD und den Grünen. Schulte arbeitete seit 2003 für die taz. Bevor er 2011 ins Parlamentsbüro wechselte, war er drei Jahre lang Chef des Inlands-Ressorts.

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