Kommentar SPD-Parteitag in Dortmund: Die Suche nach dem Riss im Teflon

Schulz beklagt sich über Merkel, dabei sollte er lieber ihre Fehler finden. Das wird mit dem unspektakulären SPD-Programm aber schwierig.

Ein Mann mit Bart und Brille, durch Langzeitbelichtung verschwommen

Was will die SPD fundamental anders machen? Foto: ap

Jetzt ist zu erkennen, wie der Wahlkampf im Herbst laufen wird. Der CDU-Slogan „Für ein Deutschland, in dem wir gut und gerne leben“ appelliert an die Zufriedenen, denen die Bundeskanzlerin Angela Merkel alle Widrigkeiten vom Hals hält. In einem solchen mit Patina versehenen (und durch die Flüchtlingskrise seltsam unzerkratzten) Bild will das Volk nicht behelligt werden.

Die SPD kreist indes um den Respekt für die Leistungen der Normalen, den Martin Schulz nimmermüde einfordert: für Busfahrer, Krankenschwestern, Eltern. Die SPD-Vorschläge zu Steuern, Bildung, Rente sind allesamt Angebote, dieser Mitte das Leben ein bisschen zu erleichtern. Ruhe und Weiter-so, etwas mehr Anerkennung für die Erschöpften, das sind die mentalen Aggregatzustände des Wahlkampfes.

Diese Inszenierung ist nicht neu. Alle vier Jahre sucht die SPD nach Mitteln gegen die Teflon-Kanzlerin, leider auch mit Angriffen auf der Metaebene. Natürlich muss man kritisieren, dass die Union am liebsten will, dass alles bleibt, wie es ist. Diese Wurstigkeit ist aber kein „Anschlag auf die Demokratie“, wie der Kandidat Schulz atemlos behauptet. Die Konservativen sind, was Programme angeht, sowieso unmusikalisch.

Merkel, die Sachliche, hat die Angriffsflächen extrem verkleinert. Für die SPD ist das ärgerlich. Ein Anschlag auf die Demokratie ist, was Trump in den USA und Erdoğan in der Türkei tun, nicht das Schlaflied der Union.

Der SPD fehlt eine großkalibrige Waffe

Schulz sollte nicht über Merkels Teflonschicht klagen, sondern besser die Risse darin finden. Das wird mit dem in vielem vernünftigen, aber in nichts spektakulären Programm der SPD nicht einfach. Denn im Arsenal der SPD fehlt eine großkalibrige Waffe, eine Forderung, mit der Schulz die Union in die Ecke jagen kann. Die Rente wird das kaum sein. Man gewinnt eine Wahl 2017 nicht mit dem Versprechen, 2030 viel Steuergeld in das Rentensystem zu pumpen.

Schulz & Co tun sich mit der Doppelrolle als Herausforderer und Juniorpartner der Kanzlerin schwer. Das illustriert auch die Suche nach dem Riss in der Teflonschicht. Schulz ist ein begabter Redner, dem auch pathetische Formeln gelingen. So will er mit „heißem Herzen“ für Europa kämpfen. Schön wäre, wenn man beizeiten erfährt, was die SPD fundamental anders als Merkel und Schäuble ­machen will.

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Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.

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