Kommentar Studienkosten: Kleine Bonbons für Akademiker

9 Millionen Euro Steuergeschenk für Reiche scheint nicht viel. Doch mit dieser Summe könnte man Zuschüsse fürs Schulessen finanzieren.

Die Krankenschwester muss also nicht das Studium des Arztes bezahlen. Das Parlament hat die Absetzbarkeit von Studienkosten nahezu geräuschlos wieder kassiert. Diese Milliarde bleibt den Steuerzahlern also erspart. Das ist gut so, auch wenn ein Geschmäckle bleibt.

Noch im Sommer hatte vor allem die FDP laut applaudiert, als der Bundesfinanzhof entschied, dass grundsätzlich auch Kosten für ein Erststudium von der Steuer absetzbar sind. Das hätte bedeutet, dass der Staat bis zu einer Milliarde Euro unter den in der Regel gut verdienenden Akademikern verteilen und diese Summe dann an anderer Stelle wieder einsparen müssen – etwa im Bildungshaushalt.

CDU-Finanzminister Wolfgang Schäuble hatte der Euphorie des Koaltionspartner recht schnell Einhalt geboten, indem er klar machte, das Urteil so nicht umzusetzen. Doch wieder mal machen FDP und Union vor, wie sie vordergründig zum Wohle der Gesellschaft sparen und hinten herum ihrer Klientel ein paar Millionen zuschieben. Nach ihrer Gesetzesänderung wird jetzt nämlich der sogenannte Sonderabzug für Ausbildungskosten von 4.000 auf 6.000 Euro angehoben.

Ähnlich wie bei den Steuererleichterungen für Hoteliers profitiert auch von dieser Entlastung nur eine kleine Gruppe von Menschen. Der Arzt, der seiner Ehefrau ein Kunststudium spendiert, kann jährlich bis zu 2.000 Euro mehr von der Steuer absetzen. Und einige tausend Studierende, die so gut verdienen, dass sie einen Steuerberater brauchen, können den neuen Freibetrag ebenfalls ausschöpfen. Bei den Kosten schlagen vor allem die Gebühren zu Buche und damit profitieren indirekt auch die privaten Hochschulen, denn nur dort werden Studiengebühren in Höhe von 3.000 Euro pro Semester erhoben.

Angesichts der Milliarden, mit denen das Parlament in dieser Woche jonglierte, könnte man meinen, dass die veranschlagten neun Millionen Euro an Rückerstattung für solche Sonder-Studienkosten Peanuts sind. Doch mit neun Millionen Euro kann man an der richtigen Stelle viel bewirken – etwa den Zuschuss, den die 2,5 Millionen bedürftigen Kinder und deren Eltern fürs Schulessen zahlen müssen, zu kompensieren. Das wäre wirkungsvoller und gerechter als Reiche zu alimentieren.

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Schwerpunkte SPD und Kanzleramt sowie Innenpolitik und Bildung. Leitete bis Februar 2022 gemeinschaftlich das Inlandsressort der taz und kümmerte sich um die Linkspartei. "Zur Elite bitte hier entlang: Kaderschmieden und Eliteschulen von heute" erschien 2016.

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