Kommentar Thüringer Verfassungsschutz: Ein Abgrund an Landesverrat

Welche Rolle der thüringische Verfassungsschutz gespielt hat, muss die Justiz klären. Sollten die Rechtsterroristen von ihm gedeckt worden sein, wäre das Landesverrat.

Es fällt schwer, noch an lauter Zufälle und bloße "Pannen" zu glauben - so konsequent haben die zuständigen Behörden bei ihrer Aufgabe versagt, die Zwickauer Terrorzelle rechtzeitig auszuheben. Das gilt - allen voran - für den Verfassungsschutz in Thüringen.

Dessen dubiose Rolle ist deshalb zu Recht inzwischen ein Fall für die Justiz: Die Staatsanwaltschaft in Erfurt ermittelt bereits gegen mehrere Personen wegen "möglicher Strafvereitelung im Amt".

Und das ist noch eine freundliche Umschreibung für "Beihilfe zum Terror". Denn es gibt einen Punkt, an dem bloßes Unvermögen in aktive Unterstützung umschlägt. Und diese Grenze hat die Behörde irgendwann überschritten.

Oder wie soll man es nennen, dass der Thüringer Verfassungsschutz den Rechtsterroristen über einen Mittelsmann 2.000 Euro zuspielen wollte, damit diese sich mit dem Geld falsche Pässe besorgen sollten? Mit diesem hanebüchenen Plan hoffte die Behörde angeblich, den Gesuchten auf die Spur zu kommen. Doch als der Mittelsmann das Geld für sich behielt, gaben die Beamten den Plan einfach auf.

Später besorgten sich die drei Rechtsterroristen dann tatsächlich neue Pässe - ganz legal, auf einem Meldeamt in Sachsen. Angeblich hatte es der Verfassungsschutz in Thüringen schlicht versäumt, die Meldebehörden des Nachbarlands darüber zu informieren, dass es sich um gesuchte Straftäter handelte.

Die Liste solcher "Pannen" und Ungereimtheiten ist lang - mit Dilettantismus allein lässt sie sich kaum noch erklären. Aber wie dann?

Ein Abgrund an Landesverrat täte sich auf, sollten die Rechtsterroristen von staatlichen Stellen gedeckt worden sein. All jene, die schon lange die Auflösung der Thüringer Verfassungsschutzbehörde fordern, haben jetzt gute Argumente auf ihrer Seite. Immer unverständlicher dagegen erscheint, warum sich etwa die SPD immer noch einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss verschließt. Nur er könnte endlich mehr Licht in diese Affäre bringen.

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Daniel Bax ist Redakteur im Parlamentsbüro der taz. Er schreibt über Innen- und Außenpolitik in Deutschland, über die Linkspartei und das neue "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW). 2015 erschien sein Buch “Angst ums Abendland” über antimuslimischen Rassismus. 2018 veröffentlichte er das Buch “Die Volksverführer. Warum Rechtspopulisten so erfolgreich sind.”

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