Kommentar US-Überwachungsskandal: Briefe schreiben!

Drei Konsequenzen sollten unbedingt aus dem Datenschutzskandal beim US-Geheimdienst NSA gezogen werden: Aufklärung, Fremdschutz und Selbstschutz.

Der US-Geheimdienst NSA wurde 1952 gegründet, blieb aber selbst lange eine geheime Organisation Bild: ap

Es gibt ein paar Menschen, die tingeln seit Jahren durch Deutschland und werden häufig für Spinner gehalten. In Vorträgen berichten sie über nahezu Unvorstellbares: dass US-amerikanische Geheimdienste die Inhalte sämtlicher Telefonate weltweit mitschneiden und archivieren. Und dass diese Behörden alle Mails sammeln und speichern, die sie irgendwie weltweit abfangen können. Verschwörungstheorie, heißt es dann oft. Geht arbeiten.

Das Ausmaß der Spitzelei, wie es mit dem jetzt bekannt gewordenen US-Überwachungsskandal offenbar wird, wirkt, als entstamme es selbst einer solchen, schlechten Verschwörungstheorie. Das Problem ist nur: Es ist keine Theorie, es ist tatsächlich eine Verschwörung.

Staatliche „Sicherheitsarchitekturen“, hier am Beispiel des US-Spähprogramms Prism, attackieren weltweit elementare Bürgerrechte, die in vielen westlichen Demokratien viel zu naiv für selbstverständlich gehalten werden.

In Deutschland, wo am relativ jungen Beispiel zweier totalitärer Staatssysteme vielen Menschen noch in lebendiger Erinnerung ist, was eine staatliche Rundumüberwachung im privaten Bereich für Folgen haben kann, müssen aus dem US-Datenskandal drei Konsequenzen gezogen werden: Aufklärung, Fremdschutz, Selbstschutz.

Dass die Opposition radikale Aufklärung auch seitens der Bundesregierung fordert, ist richtig. Schon jetzt ist allerdings abzusehen, dass die Fragen nach den Kenntnissen deutscher Geheimdienste unter den üblichen Vorwänden abgewiesen werden.

Obama entscheidet was gut ist

Das beliebteste Argument lautet dabei: Der Staat entscheidet am besten allein, dass seine Überwachung den Bürgern nicht schadet. Ähnlich argumentiert derzeit Barack Obama mit Verweis auf die Notwendigkeit der Überwachungsmaßnahmen durch seinen Geheimdienst.

Auf diesem Niveau sollte die Bundesregierung nicht argumentieren. Im Gegenteil: Es wirkt utopisch, wäre aber angemessen, dem nun flüchtigen Informanten Edward Snowden politisches Asyl in Deutschland anzubieten.

Es stimmt aber auch, dass die Überwachung von Menschen immer so einfach ist wie die Möglichkeiten, die die Menschen bieten. Es ist schade, aber wahr: Wer etwas wirklich Vertrauliches mitteilen will, muss endlich lernen, E-Mails zu verschlüsseln – oder am besten tun, was am sichersten ist: Briefe schreiben.

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