Kommentar Unruhen in der Ostukraine: Loslösung um jeden Preis

Der Vorschlag eines Referendums in der Ostukraine wird dort nur wenig Gehör finden. Die bewaffneten Separatisten wollen nichts als die Destabilisierung.

Prorussischer Gasmaskenträger vor der am Montag besetzten Polizeistation von Horlivka. Bild: ap

Die ukrainische Übergangsregierung hat sich offensichtlich entschlossen, zweigleisig zu agieren. Zwar will Kiew auch weiterhin mit einer Antiterroraktion gegen die Besetzer von Regierungs- und Verwaltungsgebäuden in mehreren ostukrainischen Städten vorgehen. Gleichzeitig bringt Staatspräsident Alexander Turtschinow aber die Möglichkeit eines landesweiten Referendums über eine Dezentralisierung des Staates am 25. Mai, dem Tag der Präsidentenwahlen, ins Gespräch.

Doch einmal abgesehen davon, wie dieser Volksentscheid aussehen und ob er am Ende überhaupt stattfinden wird: Es ist derzeit mehr als fraglich, dass Turschinows Vorschlag Gehör findet.

Denn das Vorgehen der uniformierten bewaffneten Besetzer deutet nicht darauf hin, dass sie bereit wären einzulenken. Im Gegenteil. Ihre Devise lautet: Die östlichen Landesteile weiter destabilisieren, und das um jeden Preis. Das funktioniert nach dem immer gleichen Muster, wie die Erstürmung weiterer Verwaltungsgebäude am Montag zeigt. Dabei werden Tote und Verletzte billigend in Kauf genommen.

Wenn diese Kräfte, wer auch immer sie sind, an einem Volksentscheid interessiert sind, dann nach ihren „demokratischen“ Regeln und mit nur einem möglichen Ergebnis: einer Loslösung von der Ukraine und einem Anschluss an die Russische Förderation.

Jüngste Äußerungen aus dem Nachbarland sind auch nicht dazu angetan, die Lage zu entspannen. Sie erschöpfen sich in Drohungen an die Adresse Kiews und die wenig überzeugenden Dementis, mit den Besetzungsaktionen in der Ostukraine überhaupt etwas zu tun zu haben. Wie es weitergeht, weiß niemand. Selbst ein Bürgerkrieg ist nicht ausgeschlossen. Der würde dann mehr Menschenleben kosten als auf dem Maidan.

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Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.

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