Kommentar Zollstreit EU-USA: Eine Front gegen Trump

Trumps Appetit auf Protektionismus ist ungebrochen. Die EU darf sich nicht erpressen lassen und muss sich nach neuen Partnern umsehen.

Glühende Stahlstränge

Böser, böser Stahl! Foto: dpa

Nein, dies ist noch kein Handelskrieg. Die Abschottungs-Zölle der USA gegen Stahl und Aluminium aus Europa sind, ökonomisch betrachtet, lächerlich. Auch die nun von der EU geplanten Vergeltungsmaßnahmen bei Jeans, Whiskey und Motorrädern made in USA sind alles andere als eine Kriegserklärung, sondern bloß symbolische Nadelstiche.

Dennoch ist die Lage ernst. US-Präsident Donald Trump hat im Zollstreit gezeigt, was ihm die europäischen „Partner“ wert sind: fast nichts, jedenfalls weniger als ein paar Wählerstimmen im amerikanischen Rust Belt. Das Gerede von den gemeinsamen westlichen Werten und der transatlantischen Partnerschaft hat sich als hohl erwiesen.

Gleichzeitig haben die Europäer gezeigt, wozu sie für den Fetisch des freien Handels bereit sind: zu fast allem. Sie wollten nicht nur die Welthandelsorganisation WTO auf den Kopf stellen, um Trump zu gefallen. Sie wollten auch gefracktes Flüssiggas aus den USA kaufen und ihre öffentlichen Beschaffungsmärkte für US-Konzerne öffnen.

Gebracht hat es nichts, im Gegenteil. Die USA haben Deutsche, Franzosen und die EU-Kommission gegeneinander ausgespielt und den Druck immer mehr erhöht. Nachdem die EU bereits mehrere Angebote gemacht hatte, leitete Trump auch noch ein Prüfverfahren gegen Autos aus Übersee ein. Angeblich sollen sie die nationale Sicherheit gefährden.

Der Westen ist tot, schauen wir uns nach neuen Partnern um!

Das zeigt: Appeasement hat Trumps Appetit auf Alleingänge nicht geschmälert, sondern noch vergrößert. Und es könnte noch schlimmer kommen. Wenn nicht alles täuscht, dann sind die Stahl- und Aluminiumzölle nur ein Vorspiel. Trump wird nichts unversucht lassen, die EU weiter zu provozieren und immer neue Zugeständnisse zu fordern.

Deshalb ist es wichtig, dass die Europäer hart bleiben. Die bisherige Linie, nicht mit der vorgehaltenen Pistole des amerikanischen Cowboys zu verhandeln, war richtig; sie darf nicht aufgeweicht werden. Neue Gespräche darf erst erst geben, wenn die EU ihre eigenen Schutzmaßnahmen in Kraft gesetzt hat, nicht vorher. Wir dürfen uns nicht provozieren lassen, Erpressung darf sich nicht auszahlen.

Nachhaltiges Gleichgewicht im Welthandel

Doch aus Deutschland kommen schon wieder andere Töne. So hat CDU-Wirtschaftsminister Peter Altmaier offen gelassen, ob die angekündigten europäischen Vergeltungszölle überhaupt kommen. Und EU-Kommissar Günther Oettinger (ebenfalls CDU) hat sich für ein „TTIP light“ ausgesprochen – also eine abgespeckte Version jenes Freihandelsabkommens, gegen das Hunderttausende auf die Straße gegangen sind.

Sollte das am Ende der Preis sein, den wir zahlen müssen, um einen Handelskrieg abzuwenden? Soll die EU stillhalten und hinter den Kulissen einen neuen „Deal“ aushandeln? Die Antwort liegt auf der Hand: Nein, das kann es nicht sein. Trump würde dies nur als Schwäche werten. Besser wäre es, unter dem Schutz der europäischen Gegenmaßnahmen eine neue, internationale Abwehrfront aufzubauen.

Dazu müssten sich die Europäer mit Chinesen, Kanadiern und Mexikanern an einen Tisch setzen, denn auch sie werden vom neuen US-Protektionismus getroffen. So könnte die EU beweisen, dass sie es ernst meint mit dem Multilateralismus. Bisher haben Altmaier und andere Transatlantiker eine solche Front verhindert – nun wird sie möglich. Der Westen ist tot, schauen wir uns nach neuen Partnern um!

Und wenn es dann doch noch zu Verhandlungen mit Trump kommt, dann sollte es nicht um ein „TTIP light“ oder andere schmutzige Deals gehen – sondern um fairen Handel. Es kann nicht das Ziel sein, den Absatz von BMW und Mercedes an der 5th Avenue in New York zu sichern. Nein, wir müssen zu einem neuen, nachhaltigen Gleichgewicht im Welthandel kommen. Sonst wird sich der Streit immer wieder neu entzünden, nicht nur mit Trump.

Klar, dem Exportweltmeister Deutschland wird dies schwer fallen. Er hängt wie ein Fixer an der Nadel des Exports. Doch Deutschland ist nicht die EU. Und „Freihandel über alles“ bringt uns im Streit mit Trump und seinen protektionistischen Truppen nicht weiter, „TTIP light“ schon gar nicht. Sonst würde am Ende nicht nur die Wirtschaft verlieren, sondern auch noch die Demokratie.

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Europäer aus dem Rheinland, EU-Experte wider Willen (es ist kompliziert...). Hat in Hamburg Politikwissenschaft studiert, ging danach als freier Journalist nach Paris und Brüssel. Eric Bonse betreibt den Blog „Lost in EUrope“ (lostineu.eu). Die besten Beiträge erscheinen auch auf seinem taz-Blog

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