Kommentar protestantische Missbrauchsfälle: Nur dem Höchsten verantwortlich

Jede Organisation, die mit Kindern arbeitet, hat Missbrauchsfälle zu beklagen. Sie alle müssen sich daran messen lassen, ob sie vorbehaltlos zu den Opfern stehen. Hier hat die evangelische Kirche versagt.

Bei der Aufarbeitung des jüngsten Missbrauchsfalls in der Nordelbischen Kirche hat sich alles auf die Rolle von Bischöfin Maria Jepsen kapriziert: Wusste sie damals schon, dass es um Missbrauch ging? Oder hätte sie es wissen müssen?

Klar ist, dass es auch bei den Protestanten schwere Mängel im Umgang mit Missbrauchsfällen gab. Jede Organisation, die mit Kindern arbeitet, hat Missbrauchsfälle zu beklagen - ob Kindergarten, Schule, Sportverein oder Kirche. Sie alle müssen sich daran messen lassen, ob sie vorbehaltlos zu den Opfern stehen. Das können sie am besten zeigen, indem sie den Tätern rigoros Einhalt gebieten - gerade wenn ihnen strafrechtlich nicht mehr beizukommen ist.

Darin hat die evangelische Kirche zumindest in dem nun bekannt gewordenen Fall versagt. Ein Missbrauchs-Täter als Seelsorger in der Jugendstrafanstalt - das ist ein Alptraum. Und der fängt dort an, wo der Mann wegen nicht näher bezeichneter "Verfehlungen" strafversetzt wird, und niemand nachhakt, was für Verfehlungen das waren.

In säkularen Organisationen wäre das schwer vorstellbar. Warum haben gerade Kirchen so riesige Probleme, sich ihren Fehlern zu stellen? Vielleicht, weil man sich dort eben nicht seinen Schäfchen verantwortlich fühlt, sondern dem Höchsten. Und mit dem kann man alles im stillen Kämmerlein regeln.

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Jan Kahlcke, war von 1999 bis 2003 erst Volontär und dann Redakteur bei der taz bremen, danach freier Journalist. 2006 kehrte er als Redaktionsleiter zur taz nord in Hamburg zurück

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