Konflikt in Syrien: Assad will die Macht nicht abgeben

Die Arabische Liga fordert eine neue Regierung und will ihre Beobachter-Mission verlängern. Ihr Scheitern ist auch ein Problem für die internationale Diplomatie.

Syrische Oppositionelle protestieren vor dem Gebäude der Arabischen Liga in Kairo Bild: dapd

KAIRO taz | Der jüngste Syrien-Plan der Arabischen Liga war gerade verkündet, da wurde er auch schon in Damaskus beerdigt. Es dauerte fünf Stunden hinter verschlossenen Türen, bevor die Außenminister der Liga in Kairo hinsichtlich ihrer Beobachtermission zu einer Einigung kamen und diese kurz vor Mitternacht verkündeten. Das syrische Staatsfernsehen war schneller. Denn kurz darauf verkündete es, dass die Entscheidung dem Willen des syrischen Volkes widerspreche und eine "schamlose Einmischung" in die inneren Angelegenheiten des Landes sei.

Tatsächlich war der Beschluss der Liga, wie ihn der Emir von Katar, Jassim Al-Thani, nach dem Treffen in Kairo verlas, wahrscheinlich die bisher am weitesten gehende Einmischung in einen arabischen Bruderstaat. Die Liga fordert, dass der syrische Präsident Baschar Al-Assad die Macht an seinen Stellvertreter übergibt. Innerhalb von zwei Wochen soll dann die Regierung in Damaskus mit der Opposition in einen Dialog treten, um eine Regierung der Nationalen Einheit zu bilden. Zwei Monate später sollen dann unter internationaler Beobachtung Wahlen abgehalten werden.

Die früheren Forderungen der Liga bleiben bestehen. Danach soll sich das syrische Militär soll aus den urbanen Zentren zurückziehen, friedliche Demonstrationen sollen erlaubt, politische Gefangene freigelassen und die Einreise von Journalisten ermöglicht werden. Die165köpfige Beobachtermission der Liga soll mit besserer Ausrüstung um einen weiteren Monat verlängert werden.

Schwachpunkt des Plans: seine Durchsetzung

Mit dem Beschluß von Sonntagabend hat die Arabische Liga den Ton gegenüber Assad verschärft. Doch der große Schwachpunkt ist die Durchsetzung der neuen Forderungen. Das syrische Regime hat bereits die früheren nicht erfüllt. Seit Beginn der Mission sind nach Angaben von syrischen Aktivisten fast tausend Menschen bei Auseinandersetzungen zwischen Regimegegnern und dem Sicherheitsapparat ums Leben gekommen. In der Erklärung der Liga heißt es, wird die Unterstützung des UN-Sicherheitsrates für die Durchsetzung der für die neuen Forderungen angemahnt. Gleichzeitig spricht sich die Liga aber gegen eine militärische Intervention aus.

Der zweite Schwachpunkt ist die Forderung nach einem Dialog mit der Opposition und der Bildung einer Regierung der Nationalen Einheit. Abgesehen von der Ablehnung dieser Forderung durch das Regime in Damaskus sieht auch ein großer Teil der Opposition in einem Dialog mit der Regierung keinerlei Sinn. Denn für sie ist die Arabische Mission eine Zeitverschwendung. Der größte oppositionelle Block, der Syrische Nationalrat, fordert, die ganze Angelegenheit im Namen der Liga an den UN-Sicherheitsrat weiterzureichen. "Erst dann wird sich die Lage in Syrien ändern", erklärte Basma Al-Kadamny, eine Sprecherin der Organisation in Kairo.

So ist der Plan der Liga eine Totgeburt. Deutlich wurden bei dem Treffen in Kairo auch die Risse im arabischen Lager im Hinblick auf Syrien. Die Golfstaaten fordern wie die syrische Opposition eine Internationalisierung beim Vorgehen gegen das Regime und eine Weiterleitung des Problems an den Sicherheitsrat, wohl auch in der Hoffnung, damit Druck auf dessen Mitglieder China und Russland auszuüben, an denen bisher schärfere Resolutionen scheiterten. Einem Bericht der Tageszeitung Komersant will Moskau sogar 36 Kampfjets an Syrien liefern.

Die arabischen Staaten sind gespalten

Staaten wie Ägypten, Algerien und der Irak wollen dagegen eine Internationalisierung verhindern. Schon vor der Bekanntgabe des Beschlusses der Liga hatte Saudi Arabien, der wichtigste Finanzier der Beobachter-Mission, dieser seine Unterstützung entzogen mit dem Argument, dass die Delegation ihre Aufgabe, Blutvergießen zu verhindern, nicht erfüllt habe.

Mit der Ablehnung der arabischen Initiative durch die syrische Regierung und die Opposition sowie der Auflösung des arabischen Konsenses über das weitere Vorgehen steht die Diplomatie vor einem Scherbenhaufen. Individuelle arabische Initiativen, wie die des Emirs von Katar, der kürzlich laut über eine arabische Militärintervention nachdachte, dürften derzeit kaum arabische Zustimmung finden.

Die syrische Opposition sollte sich jedoch nicht über das Scheitern in Kairo freuen und nun auf eine Internationalisierung hoffen. Denn in diesem Falle kann der UN-Sicherheitsrat derzeit nicht mit einer einheitlichen arabischen Unterstützung rechnen. Das Scheitern der Arabischen Liga wird sich für jeden, der in Syrien politisch oder militärisch intervenieren will, als großes Problem erweisen. Denn ohne regionale Legitimität wird es kaum jemand wagen, einen Fuß in das syrische Minenfeld zu setzen. Daher wird es vorerst bei Strafmaßnahmen wie jene bleiben, die die EU am Montag gegen 22 Vertraute der syrischen Führung sowie acht Unternehmen beschlossen hat.

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