Konsequenzen aus den Bauernprotesten: Tierwohl statt Dieselsubvention

Die Bauern sollten lieber eine Tierschutzabgabe auf Fleisch fordern, als die Diesel-Subvention. Die Abgabe würde Höfen eine Zukunftsperspektive geben.

Kühe stehen auf einem Bauernhof in einem Stall für Anbindehaltung.

Diese Kühe würden sich über eine Tierwohl-Initiative freuen Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa

Der Bauernverband sollte dringend den Fokus seiner Proteste ändern. Bisher will er vor allem den Rabatt auf Agrardiesel bei der Energiesteuer erhalten. Dabei gibt es wirklich größere Probleme in der deutschen Landwirtschaft.

Wenn der Bund die Agrardieselsubvention streicht, gehen jedem Hof rechnerisch gesehen nur 1.700 Euro pro Jahr verloren. Das wird keinen Betrieb in die Pleite treiben. Rund 100.000 Höfe – 40 Prozent – erhalten übrigens keinen Cent dieser Subvention, verlieren jetzt also gar nichts.

Aber der umsatzstärkste Teil der Landwirtschaft, die Tierhaltung, hat massive Akzeptanzprobleme. Der Fleischkonsum geht zurück. Das liegt auch daran, dass immer mehr Menschen es inakzeptabel finden, wie die meisten Tiere in Deutschland gehalten werden. Dass Schweinen die Ringelschwänze abgeschnitten werden, damit sie sich in der Monotonie und Enge ihrer Ställe nicht gegenseitig in den Schwanz beißen, ist nur einer von vielen Kritikpunkten. Die Landwirte wissen das und deshalb fürchten sie um ihre Zukunft.

Das muss sich ändern. Aber eine tierfreundlichere Haltung kostet mehr. Deshalb haben mehrere Expertenkommissionen schon vor Jahren empfohlen, auf Fleisch eine Tierschutzsteuer oder -abgabe zu erheben. Zum Beispiel 40 Cent pro Kilogramm Schweinefleisch. Das Geld würde dann an Bauern gezahlt, die ihre Tiere besser halten. So könnten frische Milliarden in die Branche fließen, weshalb der Bauernverband das Konzept auch unterstützt.

Doch die CDU hat es während ihrer Regierungszeit verzögert, die FDP hat es innerhalb der Ampel aktiv blockiert. Das könnte sich nun unter dem Druck der Bauernproteste ändern. Es gibt bereits erste Äußerungen von FDP-PolitikerInnen, die das andeuten.

Der Zeitpunkt für den Tierwohl-Cent wäre auch sonst günstig, weil die Inflationsrate gesunken ist. Zudem zeigen Umfragen große Sympathie für die Bauern, die die Politik nutzen könnte. Die Chancen sind gerade hoch, diese neue Tierschutz- und Landwirtschaftsfinanzierung durchgesetzt zu bekommen.

Der Tierwohl-Cent wäre auch eine gesichtswahrende Möglichkeit für die Ampelkoalition und den Bauernverband, den akuten Streit zu beenden, sodass die Traktoren von der Straße abziehen.

Die Ampel kann nicht auf die Streichung der Agrardieselsubvention verzichten, weil sie sich sonst als erpressbar durch Straßenblockaden und mittelgroße Demos outet. Aber sie könnte den Landwirten die Tierschutzmilliarden geben. Und der Bauernverband könnte das seinen Mitgliedern völlig zu Recht als großen Erfolg verkaufen.

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Jahrgang 1974. Er schreibt vor allem zu Ernährungsfragen – etwa über Agrarpolitik, Gentechnik, Pestizide, Verbraucherschutz und die Lebensmittelindustrie. 2022 nominiert für den Deutschen Reporter:innen-Preis 2022 in der Kategorie Essay, 2018, 2017 und 2014 Journalistenpreis "Grüne Reportage". 2015 "Bester Zweiter" beim Deutschen Journalistenpreis. 2013 nominiert für den "Langen Atem". Bevor er zur taz kam, war er Redakteur bei der Nachrichtenagentur Reuters und Volontär bei der Süddeutschen Zeitung.

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