Kontrollen bei Flügen aus der EU: Die Schikanen haben System

Die Bundesregierung hat zugegeben, dass Flugreisende aus Griechenland stets kontrolliert werden. Das ist eigentlich illegal, doch die Regierung hält es für zulässig.

Passagiere aus Griechenland? Bild: dapd

FREIBURG taz | Schon seit 2010 werden Flugreisende aus Griechenland von der Bundespolizei besonders streng kontrolliert. Das geht aus einer parlamentarischen Auskunft der Bundesregierung hervor, die der taz vorliegt. Dabei soll es sich aber nicht um systematische Grenzkontrollen handeln, hebt das Bundesinnenministerium hervor.

Mitte September hatte die taz berichtet, dass Flugreisende aus Griechenland am Stuttgarter Flughafen stets kontrolliert werden – und dass Reisende, die öfters zwischen Deutschland und Griechenland fliegen, das bereits als Normalität empfinden.

Die Abgeordnete Ulla Jelpke (Linke) fragte die Bundesregierung, ob der taz-Bericht korrekt sei, und wie die Regierung das Verhalten der Bundespolizei rechtfertige. Der Schengen-Grenzkodex sieht nämlich vor, dass Reisen innerhalb der 27 Schengenstaaten grundsätzlich ohne Grenzkontrollen möglich sind. Auch polizeiliche Maßnahmen, die faktisch wie Grenzkontrollen wirken, sind verboten.

Die Regierung bestreitet den taz-Bericht nicht. Sie hält die Maßnahmen der Polizei aber für zulässig, weil es sich nur um „lageabhängige und stichprobenartige“ Kontrollen handele. Diese dienten insbesondere der Aufdeckung von Passfälschungen und Schleuserkriminalität. Solche Polizeimaßnahmen seien vom Schengen-Grenzkodex erlaubt.

Die Bundesregierung geht offensichtlich davon aus, dass keine systematischen Grenzkontrollen vorliegen, wenn nur die Reisenden bestimmter Flüge systematisch kontrolliert werden. Denn das Bundespolizeipräsidium hat seine Beamten bereits im August 2010 angewiesen, Flüge aus Griechenland und Italien besonders intensiv zu überprüfen.

Iraker, Afghanen und Syrer

Der Grund sind EU-Berichte, wonach die meisten Flüchtlinge über die schlecht gesicherte griechische Grenze zur Türkei unerlaubt in den Schengenraum gelangen. 2011 hat die Bundespolizei 21.156 solcher „unerlaubten Einreisen“ nach Deutschland festgestellt, davon 7.553 auf Flughäfen – 1.814 davon bei Flügen aus Griechenland.

Aufgegriffen wurden bei den Flügen aus Griechenland vor allem Iraker, Afghanen und Syrer. Keiner von ihnen wurde aber zurückgeschickt, weil das griechische Asylsystem so desolat ist. Seit 2011 können Flüchtlinge, für die eigentlich Griechenland zuständig ist, weil sie dort zuerst ankamen, auch in Deutschland Asyl beantragen.

Da sie als Asylbewerber in Deutschland Unterhalt bekommen und die Schutzquoten für Flüchtlinge aus diesen drei Ländern hoch ist, werden sie sich in aller Regel freiwillig bei den Behörden melden. Die systematische Prüfung der Flüge aus Griechenland wirkt deshalb selbst unter der Prämisse der Migrationskontrolle unverhältnismäßig.

Die Linksfraktion im Bundestag sieht in den Kontrollen der Griechenlandflüge einen Verstoß gegen EU-Recht. Sie will jetzt die EU-Kommission auffordern, das Problem zu untersuchen und Deutschland beim Europäischen Gerichtshof zu verklagen. Theoretisch kann auch jeder Reisende gegen die Passkontrolle beim zuständigen deutschen Verwaltungsgericht klagen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.