Konzertempfehlungen für Berlin: Krieg, freie Klänge, Geburtstag

Die Konzerte dieser Woche gehen aus heutiger Sicht die griechische Mythologie an, feiern 100 Jahre György Ligeti oder avancierten Synthiepop.

Jessy Lanza vor einer Hebebühne in einer Landschaft

Jessy Lanza stellt ihr Album „Love Hallucination“ vor Foto: Jessy Lanza

Eine Kritik an „bürgerlicher“ Kunst ist ja, dass sie politische Inhalte scheut. Dass dem nicht zwangsläufig so sein muss, demonstriert das Boulez Ensemble am Freitag (24. 11., 19.30 Uhr, 15-45 Euro) im Pierre Boulez Saal. Dort bringt die ukrainische Dirigentin Oksana Lyniv mit der „Battalia à 10“ des Barockkomponisten Heinrich Ignaz Franz Biber eine kammermusikalische Schlachtenschilderung zur Aufführung.

Zwei Weltpremieren stehen ebenfalls an: Der russische Komponist Vladimir Genin hat sich im Format der Mono-Oper mit je einer Gesangsstimme mythische Stoffe vorgenommen, „Alkestis“ einerseits, die Königstochter, die sich an Stelle ihres Mannes zum Opfer angeboten hat, und „Orpheus. Eurydike. Hermes“ andererseits mit den Themen Liebe, Tod und göttliche Vermittlung.

Am selben Abend (24. 11., 20 Uhr, 25 Euro) geht es im Urban Spree weniger geballt um große Themen. Doch der vordergründig leichte Synthiepop, dem die kanadische Musikerin Jessy Lanza eine ganz eigene und ziemlich entwaffnende Gestalt verleiht, eignet sich ebenfalls hervorragend, um ernste Fragen zu verhandeln. Mit ihrem Album „Love Hallucination“ aus diesem Jahr hat sie eine Reihe starker Songs dabei, die sie mit unaufdringlichem Gesang vorträgt.

Ein bisschen verwirrend ist an der Sache allein, dass auf der Seite des Urban Spree nichts zu ihrem Konzert zu finden ist und zumindest eine Konzertkasse Tickets für den Termin mit dem Astra Kulturhaus als Ort anbietet. Auf Jessy Lanzas eigener Seite steht jedoch das Urban Spree, was einigermaßen verbindlich sein sollte. Und falls sie kurzfristig umgezogen sein sollte: Das Astra ist ja gleich nebenan.

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Das WestGermany hat sich inzwischen als Institution für Jazz in Berlin etabliert. Mit der Reihe „From the Ceiling“ bieten der Gitarrist Peter Meyer und der Bassist Bernhard Meyer, die privat Brüder sind, einen Raum für aktuelle Entwicklungen rund ums improvisationsbasierte Musizieren.

Am Sonnabend (25. 11., 21 Uhr) laden sie den Saxofonisten Otis Sandsjö und den Schlagzeuger Jim Black zu sich, um einen tönenden Forschungszwischenstand durchzugeben. Langeweile ist als Resultat nicht zu erwarten.

Gleich noch mehr Jazz. Im Industriesalon Schöneweide bietet sich seit einiger Zeit die Möglichkeit, die wöchentliche Dosis Jazz auch am Sonntagnachmittag (26. 11., 15.30 Uhr, 10/7 Euro +VVK) verabreicht zu bekommen. Dada Rhythme nennt sich vielversprechend das Trio, das dort am Sonntag aufspielt.

Zweimal mit melodietauglichen Schlaginstrumenten, einmal mit herkömmlichem Schlagzeug. Taiko Saito wird sich an der Marimba mit Els Vanderweyer am Vibraphon die Töne zuwerfen, Moritz Baumgärtner trommelt dazu. Ein wenig Unsinn könnte auch dazugehören (Kartenvorverkauf über Eventbrite 10/7 Euro, +VVK, Tageskasse 15/10 Euro).

Ungarische Musik des 20. Jahrhunderts könnte es im Übrigen öfter im Programm geben. Einen Beitrag dazu leistet das Collegium Hungaricum am Mittwoch (29. 11., 19 Uhr). Denn es gibt einen 100. Geburtstag zu feiern. So alt wäre der Komponist György Ligeti 2023 geworden. Scheint fast ein wenig untergegangen zu sein.

Was schade ist, denn Ligetis Schaffen ist im 20. Jahrhundert ziemlich einzigartig. Einen Einblick in die rhythmischen Innovationen von Ligetis Klavieretüden gibt die Pianistin Anna Farkas, der Komponist Lorenzo Ballerini steuert das elektronische Wer „Articulation“ bei, von Anastà & Suonnə gibt es zudem ein DJ-Set. Dem unideologischen Ligeti könnte das gefallen haben.

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Jahrgang 1971, arbeitet in der Kulturredaktion der taz. Boehme studierte Philosophie in Hamburg, New York, Frankfurt und Düsseldorf. Sein Buch „Ethik und Genießen. Kant und Lacan“ erschien 2005.

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