Korruption in Unternehmen: Eine Hand wäscht die andere

Viele Unternehmen haben aus ihren Schmiergeldskandalen gelernt. Hohe Strafen müssen sie nicht fürchten. Ein Imageschaden birgt größere Verluste.

Statussymbol mit Imageschaden: Auch Daimler war in Korruptionsskandale verwickelt. Bild: AP

BERLIN taz | Siemens, Daimler, Ferrostaal, Telekom, Volkswagen – sie alle waren in den letzten Jahren in Bestechungsskandale verwickelt. Die unvollständige Liste zeigt, dass deutsche Unternehmen noch immer Schmiergelder zahlen, um an Aufträge zu gelangen.

Bis 1999 durften sie das sogar – zumindest im Ausland: Bis dahin war Korruption nur im Inland strafbar. „Ihre Geschäftsprozesse haben sie meist nicht sofort angepasst“, sagt Christian Humborg, Geschäftsführer von Transparency Deutschland, „viele nehmen das Thema inzwischen aber ernster.“

Auslöser für den Sinneswandel war die Schmiergeldaffäre von Siemens. 2006 hatte die Münchner Staatsanwaltschaft dort ein riesiges Korruptionssystem entdeckt. Der Prozess endete mit hohen Strafen, der Aufsichtsratsvorsitzende von Pierer musste seinen Hut nehmen.

Wie viele der Firmen, die große Skandale durchstanden – etwa Daimler oder die Deutsche Telekom – hat Siemens reagiert und beschäftigt inzwischen eine ganze Abteilung, die sich mit der Einhaltung von Regeln gegen Korruption befasst und sich Corporate Legal and Compliance nennt. Ihr Chef sitzt im Vorstand des Konzerns, im jährlichen Geschäftsbericht werden „Compliance-Kennzahlen“ veröffentlicht. Demnach wurden vergangenes Jahr 787-mal Verstöße gegen die Unternehmensrichtlinien gemeldet, 683 davon wurden als schlüssig verfolgt. Es folgten 306 Disziplinarmaßnahmen und 77 Entlassungen.

Fürchten müssen die Firmen vor allem den Imageschaden, wenn ihre illegalen Zahlungen bekannt werden, die deutschen Gerichte eher weniger. Warum, zeigt ein Beispiel: Im Zuge des MAN-Korruptionsskandals waren auch Schmiergeldzahlungen des Industriedienstleisters Ferrostaal aufgeflogen. Das Landgericht München verurteilte die Firma zu einer Geldbuße in Höhe von 139.786.376 Euro. Das klingt viel. Doch 139,3 Millionen Euro davon war eine Abschöpfung der durch die Bestechung erzielten zusätzlichen Gewinne. Die Strafsumme von 500.000 Euro war dagegen relativ gering.

Bisher können korrupte Manager mit Bußen von höchstens einer Million Euro belangt werden. Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) will sie auf 10 Millionen heraufsetzen. Für Humborg ist das zu wenig: Wenn schon kein Unternehmensstrafrecht eingeführt werde, müssten es mindestens 100 Millionen sein, um abschreckend zu wirken, meint er.

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