Krähen, Raben und Meisen: Postkommunistische Singvögel

Krähen, Raben und Meisen haben offenbar vom Fall des Eisernen Vorhangs profitiert – Vögel mit einem großen Gehirn. "Erfolg ist Kopfsache", schreiben Forscher nun.

So sehen Sieger aus: eine Krähe. Bild: cheddar | CC-BY-SA

In ehemals kommunistischen Regionen Mitteleuropas vermehrten sich Singvögel mit einem relativ großen Gehirn seit dem Systemwechsel deutlich. Zu diesem Schluss kommt eine deutsch-tschechische Langzeitstudie zu dem Thema Singvogelpopulationen ("Population trends of birds across the iron curtain: Brain matters" in: Biological Conservation, München , 4. August 2011).

Angelegt wurde sie von WissenschaftlerInnen der Goethe-Universität und dem Biodiversitäts- und Klimaforschungszentrum in Frankfurt am Main sowie der Prager Karlsuniversität. Das Forscherteam unter Katrin Böhning-Gaese und Jirí Reif teilte die untersuchte Region durch drei: Norddeutschland, Ostdeutschland und die tschechische Republik. In den Jahren von 1991 bis 2007 führten überall dort Tausende von freiwilligen Hobbyornithologen nach strikten Vorgaben Zählungen durch.

Demnach haben die gefiederten Wendegewinnler mit großem Gehirn sich in der ehemaligen DDR leicht, in Tschechien sogar stark vermehrt. Die ForscherInnen sehen da einen Zusammenhang damit, dass in den ehemaligen Ostblockstaaten im betreffenden Zeitraum die Innenstädte grüner geworden sind und sich andererseits Vorstadtsiedlungen mit Einfamilienhäusern der neuen Mittelschicht ins Land hinaus ausgebreitet haben. Unter diesen Umständen, so folgern sie weiter, seien Vögel mit großem Gehirn im Vorteil, die sich relativ mühelos an den Menschen anpassen.

"Erfolg ist Kopfsache"

"Erfolg ist Kopfsache", heißt es in einer Pressemitteilung der Forschungsinstitute. Die Wissenschaftler setzten das durchschnittliche Gewicht der Gehirne von 57 Singvogelarten zu deren durchschnittlichem Körpergewicht in Beziehung.

Dass der gewonnene Wert nicht eins zu eins mit den kognitiven Fähigkeiten einer Vogelart korreliert, gibt Frau Böhning-Gaese zu, meint aber: "Man kann bei Vögeln das Hirngewicht schon als Faustregel für ihre Intelligenz benutzen".

Die zu den Rabenvögeln gehörenden Eichelhäher zum Beispiel verfügen über auffallend große Gehirne und sind bekannt dafür, dass sie sich für den Winter im Wald zahlreiche Vorratslager anlegen und diese auch nutzen. Blaumeisen, von der Schöpfung ähnlich bevorzugt, fielen schon vor Jahrzehnten in England auf, weil sie zum Trinken die Aluminiumdeckel von an die Haustürschwellen gelieferten Milchflaschen entfernten.

Dorngrasmücke im Nachteil

Im Nachteil waren der Untersuchung zufolge Vögel mit Fliegengewichthirnen wie zum Beispiel die Dorngrasmücke. Vor dem Verlust ihrer Lebensräume muss sie passen. Typische Feldbewohner unter den Vögeln sind durch die Techniken der modernen Landwirtschaft vom Aussterben bedroht.

Gleichzeitig zeichnet sich in der Vogelwelt wie auch in der Flora schon deutlich der Klimawandel durch einen Artenaustausch ab. Wärmeliebende Arten wie der mit der Grasmücke verwandte Orpheusspötter breiten sich nach Norden aus. Sein enger, kälteliebender Verwandter, der Gelbspötter, zieht sich in dieselbe Richtung zurück.

Erfasst wurde auch der Haussperling. Sie widersprechen der Studie einerseits, weil sie ein Spatzenhirn haben. Das hat sie seit schätzungsweise 10.000 Jahren nicht daran gehindert, in enger Symbiose mit uns Menschen zu leben. Doch jetzt - und so geben sie den Wissenschaftlern wieder recht – jetzt geht ihre Zahl zurück.

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