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Israelische Soldaten im Dezember 2023 in Beit Lahiya im Norden des Gazastreifens Foto: Ziv Koren/Polaris/laif

Krieg im GazastreifenIst das ein Genozid?

Begeht Israel in Gaza einen Völkermord? Gerichte prüfen das – und Ju­ris­t:in­nen und His­to­ri­ke­r:in­nen streiten.

N ur wenige Tage und Wochen nach dem 7. Oktober hallt es „Stoppt den Genozid“ auf pro-palästinensischen Demonstrationen durch die Straßen in Deutschland und anderen Teilen der Welt. Von der anderen Seite heißt es: Wer Israel Genozid vorwirft, ist antisemitisch. In den vergangen knapp zwei Jahren haben sich die Fronten verhärtet. Die vielleicht polarisierendste Frage der Zeit: Begeht Israel in Gaza einen Genozid?

Juristisch entscheiden wird das durch den Internationalen Gerichtshof (IGH). Denn dort hat Südafrika im Dezember 2023 eine Klage gegen Israel eingereicht. Der Vorwurf an Israel: Völkermord. Außerdem bittet Südafrika den IGH, Israel zur Aussetzung seiner militärischen Operationen in Gaza aufzufordern. Im Januar 2024 ordnet das Gericht an, dass Israel Maßnahmen ergreifen muss, um Akte des Völkermordes im Gaza­streifen zu verhindern.

Das endgültige Urteil des IGH steht noch aus.

Auch Stefanie Bock will noch nicht urteilen. Alles andere wäre in ihren Augen unseriös. Die Professorin für Internationales Strafrecht spricht per Videoschalte von ihrem Büro an der Universität Marburg aus: „Noch liegt der Schriftsatz Südafrikas in der Klage vor dem IGH der Öffentlichkeit nicht vor“, sagt sie: „Noch wartet das IGH auf Israels Gegenrede.“

wochentaz

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Was ist ein Genozid? Im allgemeinen Gebrauch wird der Begriff oft mit Massenmord oder Gräueltaten gleichgesetzt, mitunter wird er zu einem politischen Kampfbegriff. Auf juristischer Ebene ist er allerdings streng definiert. Demnach ist Knackpunkt jeder Diskussion über die Frage, ob Völkermord festgestellt werden kann oder nicht, die Intention. Die vorliegenden Beweise dürfen als „einzig vernünftige Schlussfolgerung“ zulassen, dass die Angeklagten eine genozidale Absicht verfolgen. Ist eine andere vernünftige Schlussfolgerung möglich, ist es kein Genozid. So sagen es derzeit die Gerichte.

Die UN-Völkermordkonvention von 1948

Geprägt hat den Begriff der polnisch-jüdische Jurist Raphael Lemkin. Viele seiner Angehörigen wurden von den Nazis umgebracht, er selbst floh in die USA. Um die systematische Vernichtung von Jüdinnen und Juden zu beschreiben, kreierte er das Wort „Genozid“.

Völkermord ist ein Verbrechen, das verhütet und bestraft werden muss

UN-Völkermordkonvention von 1948

Formulierungen wie „Gräueltaten“ erfassten, so Lemkin, nicht alle Dimensionen der Vernichtung der europäischen Juden. Lemkins Definition wurde zur Grundlage für die wegweisende UN-Völkermordkonvention von 1948. Die Übereinkunft sollte verhindern, dass sich Gräueltaten wie die des Nationalsozialismus wiederholen. „Völkermord“, heißt es darin, ist ein „Verbrechen gemäß internationalem Recht“, das verhütet und bestraft werden müsse. Heute, knapp achtzig Jahre später, steht Israel im Verdacht, einen Genozid zu verüben – der Staat, der nach der Shoah als Heimstätte für Jüdinnen und Juden gegründet wurde.

Mit ihrem Kollegen und Völkerrechtler Kai Ambos hat Bock einen Beitrag beim Verfassungsblog, einer Website, auf der Staatsrechtler aus dem In- und Ausland Debattenbeiträge publizieren, geschrieben. Die Indizien für das Vorliegen eines Genozids „verdichten sich“, schrei­ben die beiden darin. Doch die Schwellen, einen Genozid nachzuweisen, liegen hoch – sehr hoch.

Bewiesen werden kann eine genozidale Intention durch einen klaren Beschluss, ein schriftliches Dokument etwa, in dem ein Regime befiehlt, eine Gruppe auszulöschen. Immer wieder ziehen Völ­ker­recht­le­r*in­nen als Beispiel für eine solche einfache Beweislage das Protokoll der Wannseekonferenz heran, bei der im Januar 1942 die sogenannte „Endlösung der Judenfrage“ beschlossen wurde.

Liegt eine so eindeutige Beweislage nicht vor, kann eine solche Absicht auch aus Indizien abgeleitet werden, erklärt Bock.

Strafrechtlerin über Indizien und Indikatoren

Und im Fall von Gaza sieht sie gewisse Indizien, die auf einen Genozid hindeuten könnten. Die Äußerungen der politischen Führungsebene beispielsweise, so wie die viel zitierte Amalek-Äußerung des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu.

Israels damaliger Verteidigungs-minister Galant im August 2024 bei einem Truppenbesuch im Gebiet von Rafah Foto: Ministry of Defence/Zuma Press/imago

Am 28. Oktober 2023 sagte er in Anlehnung an das Alte Testament: „Denk daran, was Amalek dir angetan hat!“ – ein Vers, der sich auf einen Angriff der Amalekiter gegen die Israeliten bezieht, woraufhin Gott deren vollständige Vernichtung befiehlt: „Mann und Weib, Kinder und Säuglinge, Ochsen und Schafe, Kamele und Esel.“ Manche sehen in dieser biblischen Referenz ein alarmierendes Signal, das einer genozidalen Denkweise Vorschub leiste. Andere deuten sie als symbolischen Bezug auf eine existenzielle Bedrohung – fest verankert in Israels kollektiver Erinnerungskultur, etwa in der Gedenkstätte Yad Vashem, wo die „Amalek“-Formel auf einem Mahnmal für die Opfer der Shoah steht.

Der israelische Verteidigungsminister Joav Galant erklärte am 9. Oktober: „Wir kämpfen gegen menschliche Tiere und dementsprechend handeln wir“. Ebenfalls 2023 richtete der Chef der israelischen Cogat-Behörde, Generalmajor Ghassan Alian, auf Arabisch eine Botschaft an die Bevölkerung im Gazastreifen: „Menschliche Tiere müssen auch wie solche behandelt werden. Es wird weder Strom noch Wasser, sondern nur Zerstörung geben. Ihr wolltet die Hölle, ihr bekommt sie.“

Die Äußerungen zielen, so Bock, eher auf ethnische Säuberungen als auf Völkermord. Doch in Kombination mit derzeitigen Plänen, die Bevölkerung in Gaza zunächst auf kleinstem Boden in einer sogenannten „humanitären Stadt“ zusammenzupferchen, und sie dann von dort zu vertreiben, ergebe das strukturelle Bemühungen, die mit einem Genozid typischerweise zusammengehen. In der Gesamtabwägung könne man dies als Indikator mit aufnehmen.

Ein weiterer Indikator: Die hohe Zahl an Kindern unter den Opfern. In Gaza sollen sie laut dem Gesundheitsministerium in Gaza vom 15. Juli 2025 knapp ein Drittel aller Todesopfer ausmachen. Laut Unicef lassen sich diese Zahlen zwar nicht überprüfen, die Angaben hätten sich nach den vergangenen Konflikten allerdings als zuverlässig herausgestellt.

Israels Argumentation

Doch die Argumentation Israels in der Verteidigungsrede vor dem IGH bleibe abzuwarten, so Bock. Israel weist auf sein Selbstverteidigungsrecht hin, auf die Bevölkerungsdichte im Gaza­streifen, die gezielte Schläge erschwere, und darauf, dass die Hamas Zi­vi­lis­t*in­nen als Schutzschilde missbrauche. Und immer wieder betonen die israelischen Armeesprecher, die Angriffe gälten der Hamas, nicht der Zivilbevölkerung, und sie zielten auch darauf, die israelischen Geiseln zu befreien, die am 7. Oktober brutal entführt wurden. 50 werden noch heute im Gazastreifen festgehalten, weniger als die Hälfte von ihnen dürfte noch leben.

Omer Bartov lässt diese Argumentation nicht mehr gelten. Der Historiker ist in Israel geboren und aufgewachsen, hat in der israelischen Armee gedient, nun lebt und lehrt er im US-amerikanischen Providence. Im Videogespräch stapeln sich im Regal hinter ihm Bücher über den Holocaust, über internationales Recht, Genozide, den ersten und zweiten Weltkrieg. Bartov ist Professor für Holocaust- und Genozidstudien an der Brown-Universität. Er und sein Forschungsfeld versuchen die Quadratur des Kreises, nämlich den Holocaust und seine Besonderheit wie die industrielle Ermordung von Juden und Jüdinnen in die größere Geschichte des Völkermords einzubetten.

Er war keiner von denen, die gleich nach dem 7. Oktober „Genozid“ gerufen haben. Er wollte sicher sein, bevor er diesen monströsen Begriff benutzt, um zu beschreiben, was Israel im Gazastreifen tut. Er hörte die Äußerungen israelischer Politiker und Personen mit Befehlsgewalt, ihre Vertreibungsfantasien, er sammelte sie und erstellte eine Liste, aber er hielt es für falsch, dass sein israelischer Kollege, Raz Segal, ebenfalls Holocaust- und Genozidforscher, schon im Oktober 2023 von Völkermord sprach. Womöglich fielen die Äußerungen der Politiker im Eifer des Gefechts, dachte er. Und ja, es sei auch wahr, dass der Genozidvorwurf in der Vergangenheit immer wieder instru­mentalisiert worden und politisch gegen Israel genutzt worden sei.

Ende 2023 schrieb Bartov in der New York Times von israelischen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Damals warnte er lediglich davor, dass sich das Vorgehen in einen Genozid entwickeln könnte, er hoffte, den damaligen US-Präsidenten Joe Biden dahin bewegen zu können, Israels Vorgehen in Gaza Einhalt zu gebieten. Vergeblich. Im Mai 2024 drang die israelische Armee in die südliche Stadt Rafah ein, wohin zu der Zeit die Hälfte der Bevölkerung des Gazastreifens geflohen war.

Genozidforscher über genozidale Absicht

An diesem Punkt war für Bartov klar: Ja, es ist ein Genozid. Die Argumentation, es gehe Israel um die Zerstörung der Hamas, konnte er ab dem Punkt nicht mehr gelten lassen. In ­seinen Augen geht es Israel darum, das Leben für die Palästinenser in Gaza unmöglich zu machen. Ähnlich heißt es auch in Artikel IIc der Genozidkonvention: Wenn vorsätzlich die Lebensbedingungen für eine Gruppe so erschwert werden, dass diese geeignet sind, „ihre körperliche Zerstörung ganz oder teilweise herbeizuführen“, und dies mit genozidaler Absicht, so bedeutet dies Völkermord.

Ein Kind in der Trümmerlandschaft im Norden des Gazastreifens im Januar 2025 Foto: Abdul Rahman Salama/Xinhua/imago

Für Bartov entsprachen die Handlungen des israelischen Militärs in diesen Tagen der Rafah-Operation nunmehr den genozidalen Äußerungen israelischer Politiker.

Inzwischen erhebt Bartov den Vorwurf des Genozids selbst. In einem Kommentar in der New York Times schrieb er: „Ich bin Genozidforscher. Ich erkenne einen, wenn ich ihn sehe.“ Er verweist auf das Aushungern der Bevölkerung, die systematische Zerstörung ziviler Infrastruktur – darunter Wohnhäuser, Krankenhäuser, Bildungseinrichtungen und Wasseranlagen. Für ihn ergebe sich daraus der Schluss, dass eine Wiederherstellung palästinensischen Lebens in Gaza gezielt unmöglich gemacht werden solle.

Stefan Talmon hingegen ist überzeugt davon, dass Israel keinen Genozid begeht. Er sagt das seit Langem und weiterhin, trotz der verschärften Kriegsführung.

„Verändert hat sich die Intensität der Kriegsführung, die Brutalität. Es kommt zu mehr Kriegsverbrechen“, sagt der deutsch-britische Völkerrechtler. Doch die technischen Regeln, nach denen man einen Völkermord nachweist, sagt er, seien die gleichen geblieben. Und nach denen wird die Beweislage in Talmons Augen – nach jetzigem Stand – nicht ausreichen, um einen Völkermord zu beweisen.

Völkermord-Klage und Internationaler Gerichtshof

Denn abgesehen von den Argumenten, dass das Ziel der israelischen Operationen die Hamas sei oder dass die Hamas die Zi­vi­lis­t*in­nen als Schutzschilde benutze, sei selbst ethnische Säuberung eine andere Erklärungsmöglichkeit als die Absicht, die Pa­läs­ti­nen­se­r*in­nen in Gaza auslöschen zu wollen.

Talmon lehrt an der Universität Bonn und bezeichnet sich selbst als „ungewöhnlichen deutschen Professor“, denn er praktiziert gleichzeitig als Rechtsanwalt in London. Seit Jahrzehnten beschäftigt er sich mit den furchtbarsten Verbrechen der Menschheit. Dabei scheut er nicht davor zurück, Staaten mit autoritären Machthabern zu vertreten. Die Türkei etwa. Schon zweimal vertrat er sie vor dem Europäischen ­Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR); in einem Fall ging es um die Leugnung des ­Völkermords an den Armeniern.

„Ich identifiziere mich nicht mit meinen Mandanten“, sagt Talmon. „Ich würde auch die jeweilige Gegenseite vertreten.“ Er glaube schlichtweg daran, dass alle das Recht auf Verteidigung haben.

Auch der Staat Myanmar. Im November 2019 reichte Gambia Klage beim IGH gegen Myanmar ein. Der Vorwurf: Myanmar habe einen Genozid an den Rohingya verübt. Talmon stieg an der Seite Myanmars in den Ring. Das Verfahren läuft noch.

Laut der Genozidkonvention, so Talmon, wird es für Südafrika schwer werden, die Beweisschwelle zu passieren. So wie es in dem IGH-Verfahren gegen Serbien, das 2007 abgeschlossen wurde, in vielen Fällen gescheitert ist. Damals wurde nur das Massaker von Srebrenica als Völkermord eingestuft. Die dortige planmäßige und unterschiedslose Tötung aller muslimischen Männer im wehrfähigen Alter, gleich ob Soldaten oder Zivilisten, deutete für das Gericht eindeutig auf die Völkermordabsicht hin.

Er schließt nicht grundsätzlich aus, dass es auch aus seiner Sicht in Gaza zu einem Genozid kommen könnte. Denkbar wäre, dass eine entsprechende Anweisung des israelischen Kabinetts auftaucht, aus der eine klare Völkermordabsicht hervorgeht. Oder dass das israelische Militär im Gazastreifen ein Srebrenica vergleichbares Massaker begeht.

Kriegsverbrechen, ja. Schwere, furchtbare. Genozid? Nein.

Shlomo Sand, Historiker

Ab wann ist eine Handlung ein Genozid? Diese Frage ist immer wieder neu Teil von gerichtlichen Aushandlungsprozessen. Auch jetzt, im Verfahren Südafrika gegen Israel. Irland, das sich der Klage Südafrikas angeschlossen hat, plädiert darauf, die Anforderung an den Genozidtatbestand niedriger zu setzen: Die Absicht solle weniger zentral in der Beweisführung sein. Nicht die Intention müsste bewiesen werden zur Anordnung eines Genozids. Es würde genügen, dass die Angeklagten wissen, dass sie zu einem beitragen. Ob der IGH einer solchen Absenkung der Schwelle folgen wird, bleibt abzuwarten.

Über Einsamkeit

In zumindest einer Sache sind sich Talmon und der Historiker Shlomo Sand einig. „Es ist kein Genozid“, sagt Sand im Videogespräch. Seit einiger Zeit ist er in Nizza, um Abstand zu gewinnen. Um weit weg zu sein von seinem eigentlichen Wohnort in Israel. Und weit weg von Gaza. Er erträgt die Bilder aus Gaza nicht mehr, und die israelische Kriegsführung dort. Und trotzdem sagt er: „Kriegsverbrechen, ja. Schwere, furchtbare. Genozid? Nein. Könnte es morgen einer sein? Ja! Aber ist es jetzt einer? Nein!“

Ausgerechnet Shlomo Sand, sagen viele, die ihn kennen. Der Israeli ist Teil einer Gruppe von Historikern, die als „Neue Historiker“ bezeichnet werden. In den späten 1980er Jahren brachen sie mit dem zionistischen Narrativ der traditionellen israelischen Geschichtsschreibung, sie wollten die Erzählung vom israelischen Militär als „moralischste“ Armee der Welt nicht mehr tragen, brachten die Nakba in die Geschichtsschreibung mit ein, also die Flucht und Vertreibung der Palästinenser rund um den Krieg im Jahr 1948. Sand bezeichnet sich als Postzionisten.

„Mahmoud Darwish war mein Freund, als wir jung waren“, sagt Sand. Darwish, der palästinensische Nationaldichter, widmete Sand ein Gedicht. „A soldier dreams of white lilies“. Doch nun verliert Sand einen Freund nach dem anderen. Palästinenser, linke Israelis, linke Franzosen. Sie werfen ihm vor, den Genozid in Gaza zu leugnen. Und Sand seinerseits ist enttäuscht von vielen in der internationalen Linken, die die Hamas in seinen Augen nicht ausreichend verurteilen und mitunter angetrieben seien von anti-israelischen Ressentiments.

Journalist*innen, die ihn fragen, was er über den Genozid in Gaza denkt, antwortet er: „Kein Genozid. Es ist ein kolonialer, dreckiger, furchtbarer Krieg, wie der Krieg in Vietnam, wie der Krieg der Franzosen in Algerien in den 1950er und 1960er Jahren. 700.000 Menschen wurden damals in der französischen Offensive getötet. Da spricht kaum jemand von Genozid.“

Dabei ist Sand überzeugt davon, dass große Teile der Rechten in Israel von der Vertreibung der Palästinenser aus Gaza träumen. Aber er geht – zumindest bislang – mit der Aussage des Militärs mit, dass Israel auf die Zerstörung der Hamas zielt, nicht auf die Zivilbevölkerung, „auch wenn es erschreckend viele Zivilisten als Opfer in Kauf nimmt“.

Doch Sand spürt den Widerspruch, in dem er steht. „Ich bin kein Verräter“, sagt er im Gespräch. Gemeint ist: kein Verräter an den Palästinenser*innen. „Glaub mir“, sagt er, „ich werde als Freund von Mahmoud Darwish ins Grab gehen.“

In einer Zeit, in der in Gaza Kinder von Bomben getötet werden und verhungern und israelische Geiseln weiter von der Hamas festgehalten werden, ist die juristische Frage, ob Israel einen Genozid in Gaza begeht, vielleicht nicht die drängendste. Aber solange das Sterben weitergeht, ist sie alles andere als theoretisch.

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40 Kommentare

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  • Diskussionen über Israel haben hierzulande ihren ganz eigenen Charakter. Fällt mir schon bei der Gewichtung der Themensetzung auf.



    Zur Frage des Genozids eine bundesweite pro und contra Debatte zu führen, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist, hilft in der jetzigen Situation niemanden, besonders nicht den persönlich Betroffenen.

    Wer sich fragt, warum in anderen Ländern wie Großbritannien, Frankreich oder Kanada auf einmal eine derartige Dynamik in Bezug auf Pro Pälästina herrscht, findet die Antwort darin, dass in diesen Ländern mittlerweile die richtigen Debatten geführt werden und zwar über die Schutzverantwortung der internationalen Gemeinschaft. Diese ist nämlich ebenfalls im Völkerrecht verankert.

    Die Kraft des Völkerrechts geht nicht von der Gerichtsbarkeit sondern von der Kooperationsbereitschaft der Unterzeichnerstaaten aus, um z.B. einen Völkermord schon im Ansatz zu verhindern.

    Die oben genannten Staaten haben sich eigentlich viel zu spät an diese Verpflichtung erinnert und sind erst jetzt aufgewacht. Deutschland scheint diesbezüglich immer noch zu schlafen.

    Die Frage nach "actus reus" und/oder "mens rea" sollten dann doch besser die Gerichte klären.

  • Immerhin wird bei der TAZ die NY Times gelesen. Nicht nur Omer Bartow ist der Meinung, dass es sich um Genozid handelt, sondern auch der Schriftsteller David Grossmann, der Journalist Gideon Levy, die NGOs Physians for Human Rights und B'tselem. Und inzwischen viele andere Israelis.

  • Danke für diesen weitgehend neutralen Text, der die gegensätzliche Argumente recht gut darstellt. Ich als Nichtjurist würde mir dort letztlich kein Urteil zutrauen, bin aber dankbar, wenn ich Unterstützung dabei bekomme, mir eine halbwegs fundierte Meinung bilden zu können.



    Letztlich plädiert der Text ja auch dafür (und hilft dabei), den Fall jenseits aller durch die Bilder erzeugten Betroffenheit zu bewerten. Auch dazu gab es ja schon einen guten Taz-Text von Hr. Potter.



    Ich neige im Urteil etwas Hr. Sand zu, weil er zu bedenken gibt, wie schwerwiegend ein solcher Vorwurf ist und die rechtlichen Hürden deshalb dafür entsprechend sehr hoch sein müssen.

  • Vielen Dank für den Artikel, der pro und contra neutral gegenüberstellt.

    Was ich an Shlomo Sands Aussage allerdings vermisse, sind die Argumente, auf Grund derer er meint, dass es sich derzeit noch nicht um einen Genozid handelt. Hier hätte man nachhaken können, es wäre wichtig.

  • Der Vorwurf des Völkermords wird wohl in erster Linie deshalb erhoben, weil es der einzige Hebel ist, um Israels Kriegsführung vor Gericht (IGH) zu bringen. Weil Israel der Völkermordkonvention beigetreten ist somit in diesem Punkt due Gerichsbarkeit des IGH anerkennt.

  • Shlomo Sand vertritt die Position, Israels Krieg in Gaza sei in seiner kriegsverbrecherischen Dimension eher den Kolonialkriegen Frankreichs oder dem Vietnamkrieg vergleichbar, es sei aber nicht erwiesen, dass es sich dabei um einen Genozid an der palästinensischen Bevölkerung handle. Eine Position, der ich mich anschließen kann, die mich jedoch auf einen weiterführenden Gedanken bringt:



    Muss es erst Völkermord sein, um die Geißel des Krieges zu verurteilen und alle diplomatischen Hebel in Bewegung zu setzen, sie zu stoppen? Warum stehen wir so vielen bewaffneten Konflikten auf dem afrikanischen Kontinent so teilnahmslos gegenüber (wobei beispielsweise der Krieg im Sudan sogar eindeutig das Kriterium eines Völkermordes erfüllt)?



    Ich beobachte über die letzten Jahre ein zunehmende Anerkennung des Rechts des Stärkeren in der internationalen Politik, damit einhergehend die Akzeptanz von Gewalt und des Glaubens, gerecht(fertigt)e Kriege von ungerechtfertigten bzw. aggressiven unterscheiden zu können … und man wundert sich, dass es in Kriegen das gibt, was schon immer ihr Kennzeichen war: Kollateralschäden, das Sterben unschuldiger Zivilisten. Kein Krieg lässt sich je zivilisieren.

  • Was war denn im Fall des Massakers von Srebrenica die Begründung dafür, dass es ein Genozid war?

    • @Francesco:

      Ist im Artikelerwähnt:



      "Die dortige planmäßige und unterschiedslose Tötung aller muslimischen Männer im wehrfähigen Alter, gleich ob Soldaten oder Zivilisten"

      Man könnte noch hinzufügen, dass auch die Soldaten unbewaffnet waren.

  • Man darf die Verbrechen in Gaza nicht getrennt von den Verbrechen im Westjordanland betrachten, denn zusammen ergeben sie ein klares Bild: es geht darum, die Palästinenser als Gruppe zu zerstören und somit ist es ein Genozid.

    • @Moritz Pierwoss:

      Dann ist es doch noch viel weniger ein Genozid ...

  • nein



    ist es nicht

  • Ist mir jetzt echt nicht ganz klar, warum der Vorwurf des Genozids nicht an Teheran geht und deren Söldnertruppe Hamas.

    Die Terroristen hatten die Art des Massakers vom 07.10.2023 in der barbarischen Absicht gewählt, ihrem Volk möglichst grosses Leid zuzufügen. Palästinensische Opfer ziehen im Informationskrieg immer, und die Hamas beutet das aus.

    Wie meinte Chamenei auf seiner offiziellen Website: Das wahre Schlachtfeld liege nicht im Territorium »sondern in der Beeinflussung der öffentlichen Wahrnehmung«.

    Gratulation. Maßarbeit. Zielgruppe: der internationale gebildete Antisemitismus. Der mit seinen Medien und politischen Ämtern als Multiplikator aus dem schon lange vorhandenen latenten Antisemitismus über die öffentliche Wahrnehmung endlich einen offenen Antisemitismus machen kann. Global.

    Das ist das Ziel des Angriffs auf Israel vom 07.10.2023.

    Israel ist bewusst in die Falle gelaufen. Der folgende Krieg war eine sehr, sehr schlechte Lösung. Allen klar. Doch neben der Hamas, die von vornherein von einem "wieder und immer wieder" sprach, von einer "Generalprobe", kann natürlich niemand leben. Völlig ausgeschlossen.

    Die Palästinenser:innen wurden sehr bewusst geopfert.

    • @shantivanille:

      Nun wurde Ihnen schon mehrfach erklärt, dass die vor allem aus Katar finanzierte, sunnitisch-nationalistische Hamas keine iranische Söldnertruppe ist (und Belege dafür, dass Iran den Angriff auf Israel befohlen hat, gibt es auch nicht). Vor allem vermischen Sie hier allerdings zwei verschiedene Fragen: wie das Massaker der Hamas an Israelis völkerrechtlich zu bewerten ist, hat nichts damit zu tun, ob Israel einen Völkermord begeht. Auch ein angegriffener Staat handelt nicht in einem rechtsfreien Raum. Israel hat sich bewusst für eine Kriegsführung entschieden, die jede Grenze überschreitet und ist dafür natürlich auch verantwortlich - moralisch, politisch und rechtlich. Der Völkermord an den Herero hat auch mit einem Massaker an weissen Siedlern begonnen. Denken Sie Mal darüber nach: was hätten Sie eigentlich 1904 geschrieben?

  • Ohne wenn und aber: Das ist Genozid.

    • @Ertugrul Gazi:

      Quatsch, ist es nicht.

  • „Ist das ein Genozid? - Begeht Israel in Gaza einen Völkermord? Gerichte prüfen das – und Jurist:innen und Historiker:innen streiten.“



    --



    Und ist es auch kein Genozid , Es ist des Teufels, was dort geschieht.



    „Schon gut! Nur muß man sich nicht allzu ängstlich quälen



    Denn eben wo Begriffe fehlen,



    Da stellt ein Wort zur rechten Zeit sich ein.



    Mit Worten läßt sich trefflich streiten,



    Mit Worten ein System bereiten,



    An Worte läßt sich trefflich glauben,



    Von einem Wort läßt sich kein Jota rauben.“



    (Goehte – Faust I, Mephistopheles)



    --



    Mensch mag selbst entscheiden, ob sie dem Teufel in seiner Ansicht über die Rechtsgelehrsamkeit zustimmen wollen, die dieser kurz vorher zum besten gibt. Ich persönlich kenne einige ehrbare Jurist*innen und bin unentschlossen. Der komplette Text findet sich hier:



    www.projekt-gutenb...aust1/chap007.html

    • @StarKruser:

      Wie soll man hier denn noch klar denken,



      Wo alle Begriffe verrenken,



      Wenn es kommt auf ein Jota an,



      Weil es ja "das" nun nicht sein kann,



      Was "Großteil Welt" eigentlich denkt;



      Wer denn Den Haags Ermittlung lenkt?



      Trump sieht hier Platz zu sanktionieren,



      Die Justiz stark zu drangsalieren.



      /



      www.tagesschau.de/...hterinnen-100.html

  • Danke für die Beleuchtung der aktuellen Diskussionen.

    Zum Abschluss des Artikel würde ich mir noch einen Punkt wünschen:



    "Aber solange das Sterben weitergeht¹, ist sie alles andere als theoretisch."

    ¹ … und Juden weltweit als "Genocider" beschimpft werden, sobald sie auch nur den Mund aufmachen, …

    Der Genozid-Vorwurf wird seit bald zwei Jahren von Judenhassern als Waffe gegen Juden missbraucht. In so einer Situation die Kriterien für einen Genozid zu ändern (wie Amnesty International es gemacht hat und wie Irland es fordert) würde eine unmittelbare Bedrohung für Juden bedeuten -- auch in Deutschland -- weil bestimmte Leute das Wort längst als Rechtfertigung für Gewalt nutzen, und wenn der IGH einen Genozid mit anderen Kriterien feststellen würde, würde nur ankommen, Gewalt gegen Juden sei jetzt gerechtfertigt (egal wie antisemitisch es ist, alle Juden für die Handlungen der Regierung Israels verantwortlich zu machen, also die uralte Hasspropaganda der Illoyalität zu wiederholen).

    • @Arne Babenhauserheide:

      Es gibt genug Juden, die die Taten der israelischen Regierung und ihrer Armee verurteilen, gerade in den USA. Generell ist es den meisten Menschen möglich zu differenzieren.m. Ich habe dort nicht erlebt, dass ihnen Genozid vorgeworfen wurde. Im Gegensatz zu den meisten Deutschen, gelten Juden, die Israel kritisieren dort auch nicht als antisemitisch oder als Self hating jews.



      Diese Enge im Diskurs kenne ich nur aus Deutschland.

      • @Lebenslauf:

        Ein linker Jüdischer Freund von mir aus Kanada erzählt von sehr anderen Erfahrungen.

    • @Arne Babenhauserheide:

      '...und wenn der IGH einen Genozid mit anderen Kriterien feststellen würde, würde nur ankommen, Gewalt gegen Juden sei jetzt gerechtfertigt (egal wie antisemitisch es ist, alle Juden für die Handlungen der Regierung Israels verantwortlich zu machen...'

      Falls durch den IGH ein Genozid festgestellt werden sollte, dann sollten wir uns alle mit dem Gedanken anfreunden, dass die Israelische Regierung und die IDF ultima ratio mittels (militärischer) Gewalt daran gehindert werden sollte, weiterzumachen. Und gleichzeitig absolut klar machen, dass das nichts mit Israel als Staat und mit den Juden weltweit zu tun hat. Die Vermischung von Judentum und Israel, die sie zwar beklagen, aber eigentlich sogar eher verstärken, hilft hier nicht.

    • @Arne Babenhauserheide:

      Ihre Argumentation, eine Verurteilung Israels würde weltweit den Judenhassern Auftrieb geben bzw. die Juden in Gefahr bringen, wäre ja nur dann stichhaltig, wenn man den Prämissen der tatsächlichen Antisemiten folgt wie auch denen der (revisionistischen) Zionisten, die ebenfalls eine Art „Schicksalsgemeinschaft“ zwischen dem Staat Israel und dem Judentum (in der Diaspora) konstruieren.



      Dann nämlich wäre eine Verurteilung Israels in der Tat ein Problem, weil man alle Juden weltweit für die verbrecherischen Handlungen einer rechtsextremistischen israelischen Regierung in Haftung nehmen würde - glücklicherweise aber ticken wir nicht wie Antisemiten oder revisionistische Zionisten.

      • @Abdurchdiemitte:

        Wer ist dieses "wir"? Die Leute, die zuschauen während andere Juden erschießen?

        Die Verkürzung meines Arguments deutet darauf hin. Es geht nicht um "eine Verurteilung", sondern um eine Verurteilung, für die erst die rechtlichen Kriterien geändert werden.

        Wenn das Recht geändert wird, damit Israel schuldig ist, weil das mit dem aktuellen Recht nicht stimmt, ist das Antisemitismus von ganz oben.

  • Zur juristischen Einordnung der Kriegsverbrechen Israels gibt es sicherlich noch viel zu sagen. Z.B. die Argumentation von AI, dass es einen Genozid im Nebeneffekt (Kollateralschaden) nicht gibt.



    In der Realität sind solche juristischen Feinheiten jedoch völlig belanglos. Bereits wenige Tage nach dem 7.10. sprach z.B. Erdogan (Türkei) von Völkermord. Inzwischen ist der weitaus größte Teil der Menschheit der gleichen Ansicht, von Norwegen bis Südafrika, von Brasilien bis China. Einschließlich der israelischen NGO B'Tselem, Ägypten, Saudi-Arabien usw. Ob und wann Israel vom IGH verurteilt wird spielt keine Rolle mehr, Israel ist "unten durch".



    Das Wichtigste ist, Israel endlich Einhalt zu gebieten, nicht nur in Gaza, sondern auch in der Westbank etc. Danach steht die Aufarbeitung an, sowohl in Israel (Regierung, Armee, Justiz, Bildung usw.), als auch in DE als ewiger Unterstützer.

    • @Wosön67:

      "Das Wichtigste ist, Israel endlich Einhalt zu gebieten, ..."

      Für mich ist das Wichtigste, die Existenz Israels zu sichern und das Überleben der jüdischen u/o israelischen Menschen, sie, auch und besonders hier in Deutschland, zu schützen. Ich bin der Meinung, so schnell, wie sich der Judenhass am/seit dem 07.10.23 Bahn brach, ist Gaza nur ein Vorwand. Meiner Überzeugung nach hätten Judenhasser, auch wenn es Israel nicht geben würde, Gründe gefunden, jüdische Menschen zu verfolgen. Das zeigt sich an den Angriffen auf deutsche, jüdische Menschen, die keine Israelis sind und die israelische Politik und Herrn Netanjahu vielleicht nicht einmal schätzen. Und deshalb finde ich den Staat Israel so wichtig.

      Blöd für mich, dass ich Atheistin bin. Ich würde so gerne darum beten, dass die USA noch lange ihre schützende Hand über Israel halten, auch wenn der Rest der Welt seinem Judenhass freien Lauf lässt.

    • @Wosön67:

      Ein drängendes Bedürfnis vieler, die israelische Kriegsführung mit Begriffen wie "Völkermord" und "Genozid" in eine Dimension wie den Holocaust zu bringen fällt auf. Ich weiß nicht, was "der weitaus größte Teil der Menschheit" denkt. Mit Erdogan, Norwegen, Südafrika, ... sprechen erst einmal Regierende und Staaten (von denen viele Israel schon immer feindlich gesinnt waren). Ja, Israel ist unten durch, das war es aber schon von Anfang an.



      Um das Geschehen zu bewerten, reichen aber einzelne Äußerungen und Handlungen nicht aus. Man muss die "Gesamtumstände" bewerten. Auch eine Wannsee-Konferenz ohne Kontext würde einen Holocaust nicht beweisen. Beim Mord an den europäischen Juden ging keine feindliche Handlung derselben gegen die Deutschen voraus. Der Holocaust wurde massenhaft bezeugt, dokumentiert und wird seit Jahrzehnten wissenschaftlich erforscht. Nicht nur von Bartov und Segal.



      Wenn Israel tatsächlich einen Völkermord begehen wollte hätte es dazu ganz andere Möglichkeiten und hätte nicht schon fast 1000 eigene Soldat*innen geopfert.



      Israel begeht Kriegsverbrechen und der Krieg muss sofort enden. Beides wird auch Israel kritisiert und gefordert.

    • @Wosön67:

      Ja, die Ermahnungen an Richtung Israel schon am 7. Oktober sind mir noch gut in Erinnerung. Und natürlich fehlt bei Ihnen die Aufarbeitung in Richtung Palästinenser und etwaiger Unterstützer der genozidalen Massenmörder der Hamas.

  • Ob im juristischen Sinne ein Völkermord vorliegt, müssen die Gerichte entscheiden.

    Das gezielte Aushungern und Töten von Kindern hat jedenfalls nichts, absolut gar nichts, mit der so oft hochgehaltenen Selbstverteidigung gegen die Hamas zu tun.

    Aggressor Israel!

    • @Zimmerurwald:

      Der Artikel legt gut nachvollziehbar dar, dass es eben doch mit der Selbstverteidigung gegen die Hamas zu tun hat

      Das kann man gut oder schlecht finden.

      Es zu leugnen, ist radikal irrational.

      Wirkt so, als sollte unbedingt "Aggressor Israel!" bei rauskommen.

      • @rero:

        Das ist genauso zynisch, wie den Überfall der Hamas als legitimen Befreiungskampf gegen eine illegale Besatzung zu sehen. Ein Selbstverteidigungsrecht hat nicht nur Israel. Aber es legitimiert keine der beiden Seiten, wahllos Zivilisten umzubringen. Das hat dann in der Tat nichts mehr mit Selbstverteidigung zu tun, sondern ist ein Verbrechen (das unter Umständen als Völkermord einzustufen ist).

  • Natürlich liegt kein Völkermord vor, sonst würde es ja kein Streit geben, oder?

    "Sand schrieb im Dezember 2024 in Haaretz, dass in Gaza ein brutaler Unterdrückungskrieg geführt wird und dass die israelische Armee dort fast täglich schreckliche Kriegsverbrechen verübt, doch es handle sich nicht um Völkermord, da auf dem gesamten Territorium Israels inklusive besetzte Gebiete derzeit rund sieben Millionen jüdische Israelis und sieben Millionen arabische Palästinenser leben und es keinen Plan und keine Absicht gibt, einen Völkermord zu verüben."

    Das zu Sand...

  • Äußerungen des ehemaligen Verteidigungsministers Yoav Gallant, wie Netanjahu ein gesuchter Kriegsverbrecher:

    "Am 9. Oktober kündigte der damalige Verteidigungsminister Yoav Gallant eine „vollständige Belagerung“ des Gazastreifens an und erklärte: „Es wird keinen Strom, keine Lebensmittel, kein Wasser und keinen Treibstoff geben, alles ist geschlossen.“"

    www.hrw.org/de/new...lkermordhandlungen

    "Wir kämpfen gegen menschliche Tiere und wir handeln entsprechend."

    www.juedische-allg...ungen-eingestellt/

    Ungefähr so wird auch vorgegangen. Zusätzlich werden Hungernde erschossen, während sie nach Essen anstehen, Journalisten (als Zeugen) und Ärzte/Sanitäter (als Lebensretter) werden erschossen, Krankenhäuser zerbombt.

    All dies ist für eine Selbstverteidigung nicht nötig. Aber es passt in das Schema Vertreibung und Massenmord.

    Im deutschen Strafgesetzbuch ist exzessive Selbstverteidigung strafbar.

    Netanjahu und co. verachten die Menschenrechte.

    Liebe taz, hier gibt es kein pro und contra.

    • @Uns Uwe:

      "Zusätzlich werden Hungernde erschossen,während sie nach Essen anstehen,Journalisten (als Zeugen) und Ärzte/Sanitäter (als Lebensretter) werden erschossen,Krankenhäuser zerbombt."

      Exemplarisch zusammengefasst;ob das so stimmt,weiß ich nicht und verweise auf den Artikel von Herrn N. Potter hier in der taz.Ebenso vermisse ich eine exemplarische Zusammenstellung des Fehlverhaltens der gegnerischen Kriegspartei oder lassen die sich Ihrer Meinung nichts zuschulden kommen?



      Ich denke,ein Krieg ist chaotisch und in einem Krieg passieren Dinge,die nicht passieren sollten,aber nicht alles ist böse Absicht.

      "Wir kämpfen gegen menschliche Tiere und wir handeln entsprechend."



      Wenn ich es richtig weiß,wurde das fast unmittelbar nach dem Pogrom gesagt.Wenn nur die Hälfte dessen stimmt,was die Täter und ihre Unterstützer den Opfern angetan haben,ist es für einen Politiker trotzdem unangemessen,so etwas zu sagen,aber vielleicht nicht ganz und gar unverständlich.Bitte vergessen Sie nicht,dass wir nicht alle Bilder und Videos der Folterungen usw. gesehen haben.Trotzdem sage ich,dass es falsch war,die gazanische Regierung und ihre Kämpfer als Tiere zu bezeichnen (er bezog sich nur auf die Täter)

    • @Uns Uwe:

      Nein, er wird gesucht, damit das Gericht feststellen kann, ob er ein Kriegsverbrecher ist. Sie urteilen vorschnell.

    • @Uns Uwe:

      Nun ja, auch Sie sehen eine versuchte Vertreibung.

      Damit argumentieren Sie gegen Völkermord.

      Auch exzessive Selbstverteidigung ist nicht zwingend Völkermord.

      Sie sehen, wie verdammt kompliziert die Sachlage ist.

      Bei komplizierten Sachlagen gibt es doch eigentlich immer ein Pro und ein Contra.

  • Ziemlich akademische Diskussion.



    Den Betroffenen dürfte es weitgehend egal sein, ob es ein Genozid ist oder "nur" Kriegsverbrechen.

    • @sollndas:

      Das habe ich mich in der Tat auch gefragt. Das. Verfahren läuft, geht aber nicht weiter, weil die Erwiderung Israels aussteht. Ein Urteil, wie es auch ausfallen wird, dauert also noch. Im der Zwischenzeit geht alles so weiter wie bisher und ggf sind die Palestinener dann irgendwann weg, siehe Trumps Riviera-Plan.

      Gibt es im Völkerrecht denn keinen Nothilfe / Gefahr im Verzug- Gedanken?

  • Das ist ein hochinteressanter Artikel, der nachdenklich macht. Nachdenklich für alle die bejahen dass es ein Völkermord ist und auch für die, die das nicht so sehen. Ohne jeden Zweifel ist es ein gigantisches Verbrechen was da abläuft, die Motivation dazu ist unvorstellbar: Machterhalt und Drücken vor Verantwortung.

    • @Perkele:

      Das mit dem Machterhalt wurde noch nie so richtig erklärt. Ermittelt wird gegen Netanjahu schon jetzt, er ist sogar angeklagt und muss vor Gericht. Ob der Krieg weiter geführt wird oder nicht, er PM bleibt oder nicht spielt dabei keine Rolle. Auch die Wahlen werden durch den Krieg nicht verschoben. Daneben gab es so ganz beiläufig ein Ereignis am 7. Oktober, das in seinen Dimensionen so unvorstellbar war, dass es jetzt schon wieder vergessen ist und das als Motivation völlig ausreichend ist.

  • Kriegshandlungen im stark besiedelten oder städtischen Bereich treffen auch die unbewaffnete, unschuldige Bevölkerung, was gerne als Kollateralschäden bezeichnet wird. Diese Bevölkerung jedoch von der Grundversorgung mit Lebensmittel und Medizin abzuschneiden, ist von den Gründen der Kriegshandlung nicht gedeckt. Es ist eine illegitime Beeinträchtigung der Menschen, eine Inkaufnahme des Hungertodes oder des Todes wegen medizinischer Unterversorgung. Wird das systematisch betrieben ist das ein Genozid an der Bevölkerung.