Kriegsdienst: SPD-Plan überzeugt nicht

Den kleinen Parteien geht er nicht weit genug, die Union möchte am Grundwehrdienst festhalten. Derzeit gehen nur 17 Prozent der Wehrpflichtigen zur Armee.

Nur jeder Sechste steht in Reih und Glied. Bild: ap

BERLIN taz Sowohl der Koalitionspartner CDU als auch die Oppositionsparteien lehnen den Vorschlag der SPD, die Bundeswehr in eine Freiwilligenarmee umzuwandeln, ab. "So wie sich der Vorschlag jetzt darstellt, wirft er noch viele Fragen auf", sagte der CDU-Politiker Karl Lamers der taz. So sei unklar, ob sich genügend Freiwillige zum Wehrdienst melden würden, um den Bedarf der Armee zu decken. Deutschland sei mit dem Mix aus Wehrdienstleistenden und Berufssoldaten bisher gut gefahren. "Man sollte an der Wehrpflicht festhalten", sagte der stellvertretende Vorsitzende des Verteidigungsausschusses.

Lamers Parteikollege Ernst-Reinhard Beck sieht in dem SPD-Vorschlag "nicht weniger als das Ende der Wehrpflicht". Er hofft, dass der Leitantrag auf dem SPD-Parteitag im Oktober nicht angenommen wird, zumal viele Wehrpolitiker des Regierungspartners bereits deutlich machten, an der Wehrpflicht festhalten zu wollen. Beck stellte klar, dass die Wehrpflicht bleibe, solange die CDU in der Regierung sitze. Er befürchtet, dass sich die Armee immer weiter von der Gesellschaft entfernen würde, sollte die Wehrpflicht abgeschafft werden. Dadurch würde auch der Begründungszwang für militärische Einsätze wegfallen. "Es wird leichter, Auslandseinsätze der Bundeswehr durchzusetzen, da nicht mehr so viel Rücksicht genommen werden müsste", sagte er der taz. Der Abschied von der Wehrpflicht würde auch das Aus für den Zivildienst bedeuten. Für die Zukunft kann sich Beck einen verpflichtenden Gemeinschaftsdienst vorstellen, bei dem sich junge Menschen aussuchen können, ob sie zur Armee oder in eine soziale Einrichtung gehen.

Alexander Bonde, der für die Grünen im Verteidigungsausschuss sitzt, nennt den Vorschlag der SPD eine "windige Konstruktion". Er bemängelt, dass darin formal noch immer an der Wehrpflicht festgehalten wird. "Man sollte konsequent handeln und die Wehrpflicht vollständig abschaffen", sagte er der taz. Die Einberufung junger Männer zur Armee sei eine Geld- und Lebenszeitverschwendung und zudem "sicherheitspolitisch nicht zu begründen". Soldaten, denen in neun Monaten Grundwehrdienst nur beigebracht werden könne, "wie sie ein Gewehr geradeaushalten", könnten keinen relevanten Beitrag zur Landesverteidigung leisten. Er befürchtet nicht, dass soziale Einrichtungen litten, wenn auch der Zivildienst wegbräche. Schon heute seien viele junge Menschen bereit, freiwillig ein Jahr in sozialen Einrichtungen zu arbeiten. "Ich bin überzeugt, dass auch in Zukunft viele Jugendliche dieses Angebot wahrnehmen werden."

"Die Vorschläge der SPD sind weder Fisch noch Fleisch", sagte die stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion Birgit Homburger. Ihre Partei tritt schon länger für eine Aussetzung der Wehrpflicht und die Umwandlung der Bundeswehr in eine Freiwilligenarmee ein. Im Kompromissvorschlag der SPD sieht sie den erneuten Beweis für "den desolaten Zustand der SPD". Homburger bemängelt die derzeit herrschende Wehrungerechtigkeit. Danach leisten weniger als 17 Prozent der zur Verfügung stehenden Männer Wehrpflicht. "Das ist weder sicherheits- noch gesellschaftspolitisch vertretbar." Sie empfiehlt der SPD, eine klare Entscheidung zu treffen "und dem Antrag der FDP-Fraktion zur Aussetzung der Wehrpflicht zuzustimmen". Die Linkspartei fordert seit Jahren die Abschaffung der Wehrpflicht. ANDREAS BACHMANN

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