Krise bei Frankreichs Sozialisten: Wie ein kleiner Marquis

Präsidentenberater Aquilino Morelle lebte in Saus und Braus und bringt damit die Regierung um François Hollande in Bedrängnis. Jetzt ist er zurückgetreten.

Aquilino Morelle bei einem seiner letzten Auftritte im Elysée-Palast. Bild: dpa

PARIS afp | Er soll sich maßgeschneiderte Luxus-Schuhe im Elysée-Palast polieren lassen und heimlich für die Pharma-Industrie gearbeitet haben: Präsidentenberater Aquilino Morelle, einer der wichtigsten Männer im Stab von Frankreichs Staatschef François Hollande, ist am Freitag zurückgetreten. Für die regierenden Sozialisten kommt die Affäre um das Luxusleben des Präsidentenberaters zu einem denkbar schlechten Zeitpunk: Sie wollen ein 50-Milliarden-Euro-Sparpaket durchs Parlament bringen.

Der 51-jährige Morelle wies am Freitag trotz seines Rücktritts jegliche Verfehlung zurück: „Ich möchte noch einmal sagen, dass ich keinen Fehler begangen haben. Ich bin nie in der Situation eines Interessenskonflikts gewesen“, versicherte er. Er wolle aber „frei“ sein, um sich gegen die Angriffe zur Wehr zu setzen. Zudem wolle er „das Handeln des Präsidenten“ nicht beeinträchtigen. Präsident Hollande erklärte, der Rücktritt sei die „einzige Entscheidung, die angemessen“ gewesen sei.

Morelle soll vor seiner Zeit als politischer Berater des Präsidenten nach einem Bericht der Internet-Enthüllungsportals Mediapart heimlich für die Pharma-Industrie gearbeitet haben, während er bei der französischen Kontrollbehörde für soziale Angelegenheiten (Igas) im Medizinbereich tätig war. So habe Morelle im Jahr 2007 vom dänischen Pharma-Labor Lundbeck 12.500 Euro bekommen, schrieb das Magazin. Die Igas prüfte diese Vorwürfe und gab am Freitag bekannt, sie könne in ihren Unterlagen keinerlei Nachweis finden, dass Morelle eine Nebentätigkeit für die Pharmabranche habe genehmigen lassen.

Für Unmut sorgten darüber hinaus Beschreibungen von Mediapart über das verschwenderische Leben von Morelle, der sich im Präsidentenpalast wie ein „kleiner Marquis“ gebärdet habe. Demnach besitzt Morelle 30 maßgefertigte Paar Luxus-Schuhe, die er sich regelmäßig im Elysée-Palast und sogar in einem vergoldeten Salon eines Luxus-Hotels polieren ließ. Zudem habe er sich aus dem Elysée-Weinkeller häufiger Spitzenweine für normale Arbeitsessen kommen lassen. Regelmäßig sei er Nachmittags in der Sauna oder bei Massagen gewesen. Seine zwei Fahrer hätten seinen Sohn privat kutschieren müssen.

Regierung sieht Angriffe gegen Premier Valls

In der Regierung hieß es, die Angriffe gegen Morelle seien eigentlich gegen den neuen Premierminister Manuel Valls gerichtet, dessen enge Verbindungen zu Morelle bekannt seien. Valls traf Morelle am Freitagmorgen und legte ihm dabei den Rücktritt nahe, wie es aus dem Umfeld des Regierungschefs hieß. Zuvor hatte bereits der neue Parteichef der Sozialisten, Jean-Christophe Cambadélis, die Ablösung Morelles ins Gespräch gebracht, der erst kürzlich zusätzlich zum Kommunikationschef im Elysée-Palast befördert worden war.

Unabhängig davon, ob bei Morelle ein Interessenskonflikt wegen einer unerlaubten Nebentätigkeit bestand, bringt die Affäre die angeschlagenen Sozialisten auf jeden Fall zusätzlich in Bedrängnis. Erst diese Woche hatte die Regierung ihr umstrittenes 50-Milliarden-Euro-Sparpaket vorgestellt, das Einschnitte bei allen Sozialleistungen und bei den Gehältern der Beamten vorsieht. Dagegen formiert sich bereits Widerstand im eigenen Lager, die Abstimmung dazu im Parlament soll am 29. April sein. Den Kritikern müssen Hollande und Valls nun erklären, warum bei Rentnern, Familien und Sozialhilfe-Empfängern gespart werden soll – während offenbar einer der engsten Präsidentenberater ein Luxusleben führte.

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