Kritik an „Falter“-Journalist Florian Klenk: „Gesinnungs­journalist!“

Die ÖVP attackiert den „Falter“-Chefredakteur Florian Klenk verbal. Die NGO Reporter ohne Grenzen spricht von einer Drohkulisse der Konservativen.

Journalist Florian Klenk

Der „politische Akteur“ und Journalist Florian Klenk Foto: imago

Die Presse in Österreich sieht sich bis zuletzt undenkbaren Angriffen ausgesetzt. Im Juni führten Ermittler eine Hausdurchsuchung bei dem freien Investigativjournalisten Franz Miklautz durch, beschlagnahmten seinen Computer und sein Handy. Er habe bei der Recherche zu Überstundenzahlungen der Stadt Klagenfurt angeblich das Amtsgeheimnis verletzt. Ein krasser Bruch des Redaktions­geheimnisses, der auf eine Anzeige direkt aus dem Rathaus zurückging. Erst auf massive öffentliche Kritik und Einschaltung des Justizministeriums wurden die Ermittlungen eingestellt.

Eine deutlich andere Qualität hat der jüngste Angriff. In einer Verlautbarung der ÖVP Niederösterreich, mächtigste Landesorganisation der Regierungspartei, greift Mediensprecher Bernhard Ebner offen den Falter-Chefredakteur Florian Klenk an. Dieser hatte sich in einem „Die Presse“-Interview als „links“ bezeichnet, woraufhin ihn Ebner einen „Gesinnungsjournalisten“ nannte. Journalisten wie Klenk gäben „Gesinnung Vorzug gegenüber Qualität“, heißt es ohne jeden Beleg.

Der Falter, eines der wenigen investigativen Blätter im Land, könne „nicht mehr mit Qualitätsjournalismus in Verbindung gebracht werden“. Und weiter: „Journalisten, die eine politische Gesinnung vertreten, werden zu politischen Akteuren und sind so zu behandeln“. Was eine solche „Behandlung“ sein soll, konnte Ebner auf taz-Anfrage nicht konkretisieren. Später legte noch Karoline Edtstadler (ÖVP), EU- und Verfassungsministerin, im Privatsender Puls24 nach, bekräftigte Ebners Kritik.

All das lässt sich kaum anders denn als Angriff auf die Presse insgesamt interpretieren. Reporter ohne Grenzen Österreich spricht von einer Drohkulisse der ÖVP: „Kritische Medien in Österreich sind mit einer zunehmend totalitären Haltung konfrontiert.“ Auch der Presseclub Concordia in Wien äußerte sich besorgt, ebenso der Österreichische Presserat, der den „Versuch, kritischen Journalismus zu zerstören“, und Parallelen zu Donald Trump sieht.

„Falter“-Chefredakteur nicht beeindruckt

Klenk bezeichnete den Angriff als „gelogen, durchschaubar und unverschämt“, als „Diskreditierung von unabhängigem Journalismus“. Ihn selbst beeindrucke das nicht, andere vielleicht schon. Warum die ÖVP ihn und seine Zeitung persönlich angreife? „Weil wir Medienkorruption, Freunderl-Wirtschaft zu Spendern und die Wahlkampfkostenüberschreitungen ebenso thematisieren wie die Ämterpatronage und die Attacken der Partei auf die Justiz. Das will die ÖVP nicht“, schreibt Klenk.

Landesrat Ebner kann die breite Kritik nicht nachvollziehen: „Was nicht sein kann, ist, dass man sich mit Journalisten nicht kritisch auseinandersetzen darf. Diese Auseinandersetzung hat nichts mit der Pressefreiheit zu tun und ist sicherlich kein Angriff auf die Presselandschaft insgesamt.“ Konkrete Vorschläge, um die sich stetig verschlechternde Situation Österreichs in den Pressefreiheitsrankings zu verbessern, hatte Ebner auf taz-Anfrage keine.

Derartig ungenierte Angriffe waren selbst unter Medienliebling und ehemaligem Kanzler Sebastian Kurz eine Seltenheit. Er belohnte ihm wohlgesinnte Medien mit Einladungen zu Hintergrundgesprächen oder exklusiven Infos. Bei unliebsamer Berichterstattung hingegen griff Kurz durchaus selbst zum Hörer, beschwerte sich beim Chefredakteur.

Auch über die Vergabe üppiger Regierungs­inserate versuchte er, die Medien unter Kontrolle zu halten. Kanzler ist Kurz seit anderthalb Jahren nicht mehr, doch die von ihm zur Spitze getriebene Inseratenkorruption geht weiter; knapp 29 Millionen Euro hat die Regierung 2022 für „Medien­kooperationen“ ausgegeben, so eine aktuellen Studie des Medienhauses Wien. Besonders viel ging an die drei großen Boulevardmedien, die Qualitätsmedien werden jeweils mit einem Bruchteil abgespeist.

Medienwissenschaftler fordern seit Jahren transparente Kriterien hinsichtlich Werbegeldern und definierter Kommunikationsziele. Die gibt es bis heute nicht. Stattdessen immer heftigere Angriffe auf die – nach dem Ende der Wiener Zeitung vergangene Woche – wenigen verbliebenen kritischen Medien.

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