Kritik an Korrespondentin: Das Problem Einseitigkeit

Das „nd“ beendet die Zusammenarbeit mit Autorin Karin Leukefeld. Interne Kritik an ihrer Syrien-Berichterstattung gab es schon seit längerer Zeit.

Eine Frau mit mittellangen blonden Haaren vor schwarzem Hintergrund spricht in ein Mikrofon, die rechte Handkante zeigt ins Bild -Karin Leukefeld

Karin Leukefeld schreibt von nun an für die „Nachdenkseiten“ Foto: Björn Kietzmann

Die Journalistin Karin Leukefeld ist seit vielen Jahren die einzige deutsche Journalisten, die auch während des Bürgerkriegs in Syrien offiziell akkreditiert war. Dadurch wurde die Islamwissenschaftlerin 2012 sogar Gegenstand eines kritischen Artikels im Tagesspiegel.

Dort zitierte Autor Matthias Meisner Presseagenturen wie Reuters, die erklärten, dass eine freie Berichterstattung in Syrien unter Machthaber Baschar al-Assad unmöglich sei. „Bemerkenswert ist vor diesem Hintergrund, dass sich zwei deutsche Tageszeitungen aus dem linken Spektrum, das Neue Deutschland (nd) und die Junge Welt, mit Karin Leukefeld eine Korrespondentin leisten, die seit etwa zwei Jahren in Damaskus akkreditiert ist und auch in jüngster Zeit immer wieder nach Syrien reiste und von dort berichtete“, schrieb Meisner vor elf Jahren. Jetzt hat das Neue Deutschland die Zusammenarbeit mit Leukefeld beendet.

In einem Brief der nd-Redaktionsleitung vom 11. September 2023 wurde ihr das Ergebnis einer Abstimmung des Redaktionsrats, einer seit den 1990er Jahren bestehenden basisdemokratischen Versammlung der nd-Mitarbeiter*innen, bekannt gegeben: „Eine deutliche Mehrheit hat sich – bei einigen Gegenstimmen und Enthaltungen – dafür ausgesprochen, die Zusammenarbeit mit dir zu beenden und keine Texte mehr von dir zu veröffentlichen.“

Die Mehrheit der Redaktion monierte, dass Leukefeld in ihrer Berichterstattung zum Syrien-Krieg überwiegend die Verantwortung des Westens, vor allem der USA, in den Mittelpunkt stellte. Ausgespart werde in Leukefelds Texten, „dass für die Eskalation des Kriegs in Syrien und seiner Grausamkeiten auch die Assad-Regierung und ihre russischen und iranischen Unterstützer verantwortlich sind“, so die redaktionsinternen Kritiker*innen. Wolfgang Hübner von der nd-Redaktionsleitung betont gegenüber der taz, dass es schon länger Unmut über Leukefelds Syrien-Berichterstattung gab.

Fehlende Selbstkritik

„Die Kritik wurde ihr über den zuständigen Fachredakteur mitgeteilt; wir haben aber als Redaktionsleitung gezögert, die Zusammenarbeit zu beenden, weil das natürlich ein harter Schnitt ist, den man nicht übers Knie brechen sollte. Letztlich nahm die Kritik in Teilen der Redaktion derart zu, dass der Redaktionsrat die Initiative ergriff“, so Hübner.

Es habe massive Beschwerden und auch einige Abokündigungen gegeben, schildert Hübner die ersten Reaktionen von Le­se­r*in­nen der genossenschaftlich herausgegeben Zeitung.

Auf Anfrage der taz verweist Leukefeld auf ein längeres Interview auf den Nachdenkseiten zum Zerwürfnis mit dem nd. Selbstkritische Töne finden sich dort nicht. „Ich weiß nicht, was der Redaktionsrat ist. Es hörte sich an wie ein Tribunal gegen eine Angeklagte, die nicht anwesend war“, klassifiziert Leukefelds das Prozedere der Trennung. „In einer Art ‚Cancel Culture‘, wie man sie bei Facebook, Whatsapp oder X vormals Twitter findet, wurden meine Arbeit und meine Person diffamiert“, sagt sie weiter.

Unter Gleichgesinnten

Dass lange vor dem nd auch einige Redaktionen von Radiostationen sich von Leukefeld trennten, ist für sie eine Folge von „Drohmails von angeblichen oder tatsächlichen syrischen Oppositionellen, die auch die Medien mit diffamierenden Leserbriefen gegen mich bombardierten“. Kritische Töne zu Assad und seinen russischen und iranischen Un­ter­stüt­ze­r*in­nen findet man in dem Interview nicht. „Beide Länder haben den syrischen Staat gegen bewaffnete Gruppen unterstützt, weil Syrien um Unterstützung gebeten hatte. Es gab mehr als 50 Fronten in Syrien damals, die syrische Armee war völlig überfordert“, so die Lesart der Korrespondentin, für die auch feststeht: „Der Krieg in Syrien war nie ein Bürgerkrieg, sondern es war ein internationaler Krieg gegen und um Syrien.“

Den Hamas-Angriff vom 7. Oktober bezeichnet Leukefeld in ihrem neusten Text, veröffentlicht auf den Nachdenkseiten, „als Militäroperation der palästinensischen Qassam-Brigaden gegen Israel“. Leukefelds Reportagen aus Syrien werden in Zukunft dort zu lesen sein. Die Nachdenkseiten-Redaktion hat angekündigt, dass sie Leukefeld „als gute, langjährige freie Mitarbeiterin enger als Korrespondentin für die Nahost-Region einbinden“ wolle. Dort teilen viele mit der Korrespondentin die Überzeugung, dass vor allem USA und Israel für viele Übel in der Welt die Verantwortung tragen.

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