Künstler kritisiert Red-Bull-Chef: Erfolglos stummgeschaltet

Ein Künstler kritisiert im Netzradio rechte Äußerungen des Red-Bull-Chefs – und wird off air genommen. Seine Reaktion darauf ist ziemlich schlau.

Getränkedose lugt aus der Tasche einer Jogginghose

Mateschitz biete Rechtsradikalen eine Bühne und unternehme dann nichts weiter, sagt Künstler Nowak Foto: imago/Enters

G.O.A.T. ist eine Abkürzung, die in der Sphäre des US-Profisports auf Stars wie Michael Jordan angewendet wird: Greatest Of All Time. Goat ist aber auch das englische Wort für Ziege, und als solche werden manchmal die schwachen Spieler eines Teams bezeichnet.

Und „G.O.A.T.-Radio“ heißt nun wiederum das Re-Enactment einer Sendung, die ursprünglich beim Internet­radio der Red Bull Music Academy am 4. Oktober zu hören und nun als Kunstaktion in Berlin zu sehen und zu hören war.

Der Berliner Künstler Nik Nowak war für die Ursprungssendung als Talkgast live in das Studio der Red Bull Music Academy eingeladen, um über seine Soundart zu sprechen. Die Sendeleitung nahm ihn off air, nachdem er angefangen hatte, die rechtspopulistischen Äußerungen von Red-Bull-CEO Dietrich Mateschitz und die Machenschaften des firmeneigenen TV-Kanals Servus TV anzusprechen.

Auf Seiten von RBMA-Radio sprach man von einem „massiven politischen Interessenkonflikt“ und nahm den Podcast „wegen Lizenzproblemen“ sofort aus dem Netz.

Interview in Endlosschlaufe

Das wollte Nowak, ein renommierter Sound Artist, dessen Werke bereits in Miami zu sehen waren und der für die Demonstration von „Die Vielen“ in Berlin eine Verstärkeranlage de­signt hat, nicht auf sich sitzen lassen. Seit Samstag stellt er nun in der Galerie Kurt-Kurt im Berliner Stadtteil Moabit (die sich übrigens im Geburtshaus von Kurt Tucholsky befindet) ein Soundsystem aus.

An der Wand befindet sich die Zeichnung eines Ziegenkopfs, auf Bildschirmen flimmert abwechselnd „on air“ und „off air“. Zu hören ist die Simulation des Interviews mit RMBA in Endlosschleife. Die Sendung nennt sich „Free Time“ und läuft beim fiktiven „G.O.A.T.-Radio“, wiederum betreut von einer „Black Goat“-Academy.

Wie in der Originalfassung spricht Nik Nowak nach einer Musikeinspielung zuerst über seine Jugend in Mainz zu Zeiten des ersten Irakkriegs. Als er die Panzer der US-Army und deren Kettenlärm auf der Straße wahrgenommen hatte, aber auch die Rolle von GIs als kulturelle Vermittler von HipHop und House begriff.

„G.O.A.T.“ bis 7. Dezember. Galerie Kurt-Kurt, Lübecker Straße 13, Berlin-Moabit

Nach ungefähr zehn Minuten kommt Nowak auf Black-Goat-CEO Bibi Mateschwitz und dessen Mutterkonzern zu sprechen. Mateschwitz’ in einem Interview zum Ausdruck gebrachte rechte Gesinnung bringe Nowak in einen Gewissenskonflikt, sagt der Künstler. Denn Black Goat Radio liefere ja branded content, wie Nowak der Interviewerin erklärt, und darum könne er auch an gar nichts anderes denken als an Mateschwitz.

Identitäre Bewegung eingeladen

Bereits jetzt versucht die Interviewerin Nowak zu unterbrechen und sagt, sie wisse zwar von den Äußerungen des CEOs, aber das sei bei Black Goat Radio kein Thema. Alle seien hier p.c., also politisch korrekt. Aber die rechtspopulistische Agenda in Deutschland und Österreich sei doch längst im Mainstream angekommen, widerspricht Nowak, man könne das genau an den Äußerungen von Mateschwitz ablesen.

Und dann gebe es da ja noch den firmeneigenen Sender „Nervous TV“, bei dem auch Vertreter der Identitären Bewegung eingeladen worden seien. Mateschwitz biete Rechtsradikalen dort eine Bühne und unternehme dann nichts weiter, sagt Nowak. „Was mich am meisten ärgert, ist, dass nun auch die links orientierte Musikszene, wie sie die Black Goat Academy repräsentiert, genau in diesem Kontext wahrgenommen wird.“

Dann beendet die Interviewerin kommentarlos das Gespräch. Nik Nowaks Re-Enactment ist eine schlaue Form, um einen Dialog fortzuführen, der vorher einseitig beendet wurde.

Auch im richtigen Leben versuchen Akteure der Clubkultur mit Red Bull ins Gespräch zu kommen. Wie schwer das ist, zeigt eine Mitteilung des Zürcher Clubs „Zukunft“, dessen Betreiber mehrmals versucht hatten, mit dem Konzernchef zu sprechen. „Darf man anspruchsvolle Musik und Künstlerinnen und Künstler fördern, wenn letztlich das Ziel dahintersteckt, den Absatz eines Brausegetränks zu steigern?“, fragt der Club und antwortet, darüber dürfe man diskutieren.

„Was für uns aber außer Diskussion steht, sind die fremdenfeindlichen Äußerungen und rechtspopulistischen Händel von Red-Bull-Inhaber Dietrich Mateschitz. Das widerspricht unseren Prinzipien. Clubkultur – so wie wir versuchen, sie zu leben – ist ein Vehikel für Vielfalt. Pluralismus tanzt in der Nacht.“

Vor einigen Tagen hat der Club „Zukunft“ nun öffentlich gemacht, dass er ab 2019 keine Veranstaltungen der Red Bull Music Academy mehr in seinen Räumen durchführen wird. Auch das Erfrischungsgetränk Red Bull wird aus dem Sortiment des Clubs genommen. Die Einnahmen aus dem Red Bull Music Festival für 2018 werden einem wohltätigen Zweck gespendet.

Anmerkung der Redaktion: Der Name Bibi Mateschwitz ist geändert.

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