Länder-Konkurrenz: Tausche Schlick gegen Messe

Weil Hamburg Kiel die Windmesse klaute, können Containerriesen nur eingeschränkt den Hafen anlaufen.

Ständig was zu tun: Baggerschiff auf der Elbe. Bild: dpa

HAMBURG taz | Offiziell ist alles in bester Ordnung: „Die Zusammenarbeit beider Länder ist verlässlich und konstruktiv“, beurteilte der Hamburger Senat vor wenigen Tagen in einer Drucksache die Kooperation zwischen der Hansestadt und Schleswig-Holstein. Doch hinter den Kulissen herrscht derzeit heftiges Fingerhakeln zwischen den Nachbarn. Das Credo aus Kieler Perspektive: „Klaust du mir meine Messe, lass ich dich auf deinem Giftschlick sitzen.“

Nachdem Hamburg die Windmesse aus Husum abwarb und die Einigungsgespräche über eine gemeinsame Messe mit zwei Standorten vorläufig platzen ließ, legte das Kieler Kabinett vor einem Monat den Antrag Hamburgs auf Eis, giftigen Hafenschlick weiterhin vor der Küste Schleswig-Holsteins in die Nordsee zu schütten (taz berichtete).

Dabei hatte sich Kiels Umweltsenator Robert Habeck (Grüne) mit Hamburgs Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) geeinigt, dass Hamburg erneut 600.000 Kubikmeter leicht mit Schwermetallen belasteten Hafenschlick vor Helgoland verklappen darf und dafür eine Million Euro in die Naturschutzstiftung Wattenmeer einzahlt.

Starten: Hamburgs Hafenverwaltung HPA zählt die Tage: "Am 7. November erlauben die mit der Umweltbehörde abgestimmten Richtlinien wieder die Umlagerung von Baggergut nach Neßsand", teilt der Senat mit.

Warten: 2011 lagerte die HPA 1,1 Millionen Kubikmeter bei Neßsand ab, direkt an der Grenze zu Schleswig-Holstein. In der wärmeren Jahreszeit ist ein Verklappen hier aus Umweltgründen untersagt.

Keine Lösung: Das Umschichten der Sedimente in der Elbe ist laut Hamburger Wirtschaftsbehörde jedoch keine Dauer-Alternative zur Verklappung in der Nordsee.

In letzter Minute wurde die Kabinettsvorlage vom Tisch genommen – die Kieler Landesregierung wollte ihr Faustpfand im schwelenden Messestreit nicht preisgeben. Daraus, dass „beide Themen miteinander verknüpft sind“, macht auch der Kieler Regierungssprecher Carsten Maltzan kein Geheimnis.

Die Folge für Hamburg: Der sich ablagernde Schlick verstopft erste Hafenbereiche. Auf dem Köhlbrand, dem Teil der Süderelbe, der zum Terminal Altenwerder führt, wurde bereits im August der Maximaltiefgang für das tideunabhängige Befahren von 12,80 auf 12,40 Meter reduziert. Das Zeitfenster, indem Containerriesen dieses Nadelöhr passieren können, ist damit schmaler geworden. Die Hafenverwaltung spricht bereits knapp von „zeitlichen Beschränkungen“ für anlaufende Pötte.

Besonders die Hamburger Grünen greifen den Senat wegen der Hängepartie an. Deren wirtschaftspolitischer Sprecher Anjes Tjarks weist darauf hin, dass „die Kieler Landesregierung angekündigt hat, dass die Lösung des Hamburger Schlickproblems an eine Lösung des Messekonflikts gekoppelt ist“ und fordert deshalb: „Bürgermeister Scholz muss das Thema zur Chefsache machen und auf Schleswig-Holstein zugehen.“ Die Metropole sei auf eine gute Nachbarschaft dringend angewiesen.

„Wir brauchen langfristig eine Einigung mit Schleswig-Holstein“, sagt auch die Sprecherin der Hamburger Wirtschaftsbehörde, Susanne Meinecke. Dazu liefen vertrauliche Gespräche auf Ministerebene. Allerdings: Einen Tauschhandel nach dem Motto „Ihr behaltet die Windmesse und bekommt dafür unseren Hafenschlick“ schließe die Hamburger Senatskanzlei aus. Schließlich könne auch Schleswig-Holstein kein Interesse daran haben, den Hamburger Hafen stillzulegen.

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