Lahme Regierungserklärung: Olaf Scholz prügelt sich nicht

Während Scholz seine passive Art demonstriert, schwingt Merz knalldumme Reden. Und die Ampel raucht auch nur tabakbröselige Joints.

Eine Plastiktüte mit Cannabisblatt und Cannibisblüte innen

Wird Marihuana in solchen Tütchen in Deutschland wirklich jemals legal zu kaufen sein? Foto: IMAGO

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht letzte Woche?

Friedrich Küppersbusch: Das Ende der Waffenruhe in Gaza.

Und was wird besser?

Das Wissen darüber, dass die Waffenruhe besser war.

Olaf Scholz hat anlässlich des Haushaltsurteils des Bundesverfassungsgerichts eine Regierungserklärung abgegeben. Wo ist seine Rhetorik noch ausbaubar?

Angriff ist die beste Vereidigung. Scholz kann ja fuchtig werden und wird dafür auch gefeiert, wenn er auf dem Marktplatz laut wird. Doch im Bundestag sitzen seine zerrütteten Koalitionspartner neben ihm, seine Partei im Nacken und seine Chance vor ihm. Und wer Friedrich Merz als letzte Chance hat, ist wirklich nicht zu beneiden. Sei es, weil Scholz die Union braucht, um der Ampel zu drohen. Mit einer Groko. Oder – weil er sie wirklich macht. Er braucht sie alle und kann so niemanden wirklich verprügeln. Merz’ Rede aus den luftigen Höhen des Privatfliegers über die Niederungen der Klempnerei war zitabler. Und knall­dumm: Wenn er je in eine Regierung kommt, dann bald, als Vizekanzler. Oder nie, als Vorgänger von Hendrik Wüst. Scholz hat also nichts geliefert, das aber richtig.

Zu Beginn der Weltklimakonferenz haben Deutschland und die Vereinigten Arabischen Emirate 200 Millionen Dollar für den Klimafonds zugesagt. Auch andere Staaten beteiligen sich. Ein Durchbruch für globale Klimagerechtigkeit?

Wir Industrienationen haben uns 150 Jahre lang dick und dumm verdient mit der Verpestung des Planeten. Dann haben wir – wir hams ja – allerhand teure Bedenken gefunden, warum die anderen, Ärmeren – das keinesfalls nachmachen sollten. Und schließlich beginnen wir, wieder für viel Geld, den Saustall notdürftig zu reparieren. Kurz: die „loss and damage“-Länder haben kein fettes Geld verdient, sollen es auch nicht dürfen und bleiben auf den Schäden sitzen. Schön dreimal verarscht. Deshalb: Geld ausdrücklich für die Behebung von Schäden zu geben, ist gut, natürlich zu wenig und ganz sicher zu spät.

Die neue Nato-Perspektive für den Ukrainekrieg lautet: „Halten ist gewinnen“. Stimmen Sie zu?

Diese Frage können nur die beantworten, die fürs „Halten“ sterben, zerstören, verstümmelt werden.

Bis dato findet Geert Wilders in den Niederlanden keine Koalitionspartner. Lassen sich rechtsextreme Wahlgewinner dauerhaft isolieren?

Nur um den Preis einer Viel-Parteien-Koalition gegen sie. In Deutschland stehen uns solche Trödelkisten-Koalitionen bevor, die dann automatisch das rechte Narrativ von den „Altparteien“ bedienen werden. In Thüringen etwa wird sich die Union einen Kessel Buntes mit Linken, Grünen und anderen Splitterparteien gefallen lassen müssen, will sie eine AfD-Regierungsbeteiligung verhindern. In den Niederlanden hat das – mangels 5-Prozent-Hürde – Tradition. Es gilt, auf offener Bühne so lange herumzuverhandeln, bis das Publikum müde wird und eine anfangs absurde Konstellation besser findet als nichts. Wilders realistisches Ziel ist ein Schrottwichtelbündnis, das nur durch seine Duldung zu Mehrheiten kommt. Sein halber Schritt zur Macht.

Eine ziemlich typische Kifferfantasie: Sich ins Paradies fabeln und rechtzeitig nachlegen, wenn´s ungemütlich wird

Die Ampel einigt sich auf einen Gesetzentwurf zur Teillegalisierung von Cannabis. Weil der Verkauf EU-rechtlich schwierig zu regeln ist, soll es ab Juni Cannabis Social Clubs geben. Berauscht Sie diese Lösung?

Typische Kifferfantasie: sich ins Paradies fabeln und rechtzeitig nachlegen, wenn’s ungemütlich wird. Die Ampel wusste, dass ihr Wahlversprechen mit EU-Recht nicht vereinbar ist: Kein Handel mit Cannabis-Produkten. Sie haben die Freigabe trotzdem versprochen und kommen jetzt mit einem ziemlich schlecht geklebten, tabakbröseligen Joint an die Tür. Egal! Wenn’s ordentlich knallt, glauben wir auch, dass aus dem Behelf ein europaweites Modell werden wird. Gib mal weiter, du Ego.

„Go Fuck yourself!“ lautet der neuste Ausfall von Elon Musk gegenüber ehemaligen Werbekunden, die wegen antisemitischer Posts ihre Anzeigen auf X einstellten. Wird man bald „RIP X“ entgegnen dürfen?

Der einzige ernsthafte Gegner, der Musk bisher wirksamen Schaden zufügen konnte, ist Musk. Das ist die eigentlich bestürzende Nachricht.

Und was machen die Borussen?

Spielen drei Stunden nach Redaktionsschluss. Die haben was gegen die taz.

Fragen: Elisa Pfleger

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Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

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