Landesärztekammern zu Paragraf 219a: Drei weitere für die Gesetzesreform

In der Diskussion um den Abtreibungsparagrafen 219a fordern weitere Ärztekammern eine Reform. Inzwischen sind sieben gegen das Werbeverbot.

Viele Menschen stehen zusammen, manche halten Plakate, auf denen steht: Paragraf 219a muss weg!

Auch beim Weltfrauentag wurde in Berlin gegen den Paragrafen 219a demonstriert Foto: imago/IPON

BERLIN taz | Immer mehr Landesärztekammern positionieren sich in der Debatte um die gesetzliche Situation zu Schwangerschaftsabbrüchen für eine Reform des Paragrafen 219a. Einer Recherche der Nachrichtenseite Buzzfeed zufolge sind nun auch die Ärztekammern im Saarland, in Mecklenburg-Vorpommern und in Sachsen-Anhalt für eine Änderung.

Der Paragraf verbietet die Werbung für Schwangerschaftsabbrüche. In der Praxis führte das Verbot zum Beispiel im Fall von Kristina Hänel dazu, dass bereits die Information darüber, dass ein Arzt Schwangerschaftsabbrüche durchführt, unter Strafe gestellt wurde.

In den vergangenen Wochen und Monaten brach deshalb eine große politische und gesellschaftliche Debatte darüber aus, ob der Paragraf 219a geändert oder abgeschafft werden soll. Die Landesärztekammern Hessen, Berlin und Bayern sprachen sich bereits für eine Reform des Gesetzes aus, die Ärzteschaft in Hamburg fordert sogar eine Abschaffung von Paragraf 219a.

Auf Anfrage von Buzzfeed sprechen sich nun auch die drei Ärztekammern Saarland, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt offiziell für eine Gesetzesänderung aus.

Sachgereche Informationen notwendig

Die Ärzteschaft Mecklenburg-Vorpommern antwortete auf die Anfrage, das eigentliche Werbeverbot sei „in der Realität zu einem Informationsverbot geworden. Dieser Zustand ist nach Ansicht der Ärztekammer Mecklenburg-Vorpommern nicht akzeptabel.“ Die Honorierung der medizinischen Dienstleistung sei kein geeignetes Mittel zur Unterscheidung zwischen Information und Werbung, „da für jede ärztliche Leistung ein Anspruch auf Vergütung besteht.“

Patientinnen benötigten einen zeitnahen und niedrigschwelligen Informationszugang, teilte Simone Heinemann-Meerz, Präsidentin der Ärztekammer in Sachsen-Anhalt, mit. Dafür seien sachgerechte Informationen notwendig „ohne dass Ärzte sich dadurch der Gefahr strafrechtlicher Ermittlungen oder gar Verurteilungen ausgesetzt sehen“, so Heinemann-Meerz.

Die saarländische Ärztekammer veröffentlichte nach der Anfrage von Buzzfeed eine Stellungnahme, in der es heißt: „Die Vertreterversammlung der Ärztekammer des Saarlandes fordert die Abschaffung der Strafbarkeit einer sachlichen Information über die Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen durch Arztpraxen und andere ärztliche Einrichtungen.“ Dieser Beschluss sei mit großer Mehrheit des Ärzteparlaments verabschiedet worden.

Deutschen Ärztetag abwarten

Reformbedarf scheint auch die Bremer Landesärztekammer zu sehen, die sich bislang allerdings nicht eindeutig positioniert hat: Frauen müssten sich sachlich und neutral informieren können, heißt es in der Antwort an Buzzfeed, ansonsten würden die Möglichkeiten des straffreien Schwangerschaftsabbruchs, der im Paragraf 218 gesichert ist, ins Leere laufen.

Nur die Ärztekammern Niedersachsen und Nordrhein sehen keine Notwendigkeit, den Paragrafen 219a zu ändern oder abzuschaffen. Baden-Württemberg und Brandenburg antworteten nicht auf die Anfrage geantwortet.

Die Ärzteschaften in Westfalen-Lippe, Thüringen, Rheinland-Pfalz, Sachsen und Schleswig-Holstein wollten sich noch nicht dazu äußern. Es seien noch Abstimmungsprozesse mit Delegierten und Mitgliedern notwendig.

Im Mai findet in Erfurt der Deutsche Ärztetag statt, auf dem die Gesetze zu Schwangerschaftsabbrüchen wohl auch Thema sein werden. Es bleibt abzuwarten, ob sich die noch unentschlossenen Ärzteschaften dann auch eindeutiger positionieren.

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