Lichtverschmutzung nimmt zu: Immer weniger Sterne sichtbar

Die Lichtverschmutzung hat weltweit stark zugenommen. Über Jahre lieferten Satelliten falsche Daten, da sie Werbetafeln und Fensterlicht ignorierten.

Blick in einen Sternenhimmel

Der Sternenhimmel über dem Ruhrtal in einer Dezembernacht bei Minus 10 Grad Celsius Foto: Gottfried Czepluch/imago

Mistkäfer navigieren mithilfe des schwachen Lichts der Milchstraße, Kojoten heulen nur während einzelner Mondphasen, und einige Laubfrösche suchen nur bei besonderer Dunkelheit nach Nahrung. Wenn Nächte heller werden, sind diese Tiere mindestens irritiert – und auch bei uns Menschen sorgt die selbstgemachte Dauerbeleuchtung für Schlafstörungen.

Welchen Einfluss die Lichtverschmutzung auf Fauna und Flora genau hat und wie sie sich über die Jahre verändert, lässt sich schwer erforschen. Laborstudien haben allerdings gezeigt, dass sich zum Beispiel der Körperbau von Fischen bei steigender Lichtverschmutzung verändert.

Die Studie

Um den Anstieg der Lichtverschmutzung zu untersuchen, haben Wis­sen­schaft­le­r*in­nen des Deutschen Geoforschungszentrums Potsdam von 2011 bis 2022 Freiwilligen Sternkarten vorgelegt, die sie mit ihrem Nachthimmel vergleichen sollten. Die For­sche­r*in­nen wollten wissen, welcher der am schwächsten leuch­tende Stern ist, den die Freiwilligen noch mit bloßem Auge erkennen konnten.

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Daraus können sie ableiten, wie viel heller es über die elf Jahre geworden ist, weil die Lichtverschmutzung schwach leuchtende Sterne zuerst verdeckt. Ihre Ergebnisse veröffentlichten sie im Fachmagazin Science. Insgesamt konnten die For­sche­r*in­nen auf 51.351 Beobachtungen zurückgreifen. Sie stammen hauptsächlich aus Europa, den USA, Japan und Südamerika. Besonders aus Afrika fehlen Daten.

Das ist ein Problem, denn dort wachsen Siedlungen besonders schnell und damit auch die Lichtverschmutzung. Aus den Beobachtungen der Freiwilligen haben die For­sche­r*in­nen berechnet, dass die Lichtverschmutzung von 2011 bis 2022 pro Jahr durchschnittlich um 9,6 Prozent an­gestiegen ist. Auf die Kindheit und Jugend eines Menschen umgerechnet, bedeutet das: Waren zur Geburt eines Kindes 250 Sterne sichtbar, sind es bei seinem 18. Geburtstag nur noch 100.

Was bringt’s?

Die Beobachtungen sprechen für eine viel stärker ansteigende Lichtverschmutzung, als Satelliten bisher gemessen hatten. Die For­sche­r*in­nen vermuten dafür zwei Gründe. Erstens können Satelliten horizontal ausgestoßenes Licht nicht messen, also zum Beispiel von Fenstern oder Werbetafeln. Das macht aber den Großteil der städtischen Lichtverschmutzung aus. Zweitens wurde über die vergangenen zehn Jahre die meiste Außenbeleuchtung durch LEDs ersetzt. Deren blaues Licht hat eine geringere Wellenlänge als das vorher übliche wärmere Licht und ist für Satelliten schwerer erkennbar.

Die For­sche­r*in­nen fordern bessere Satelliten, um überprüfen zu können, ob politische Maßnahmen gegen Lichtverschmutzung helfen. Und ihre Ergebnisse zeigen, wie wichtig Freiwillige für die Forschung sind. Beim Projekt Globe at Night, aus dem die Beobachtungen stammen, kann man übrigens weiterhin mitmachen.

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