Linkes Hausprojekt in Halle: Oder einfach ungültig wählen

Die HaSi steht kurz vor der Schließung. Doch die Aktivisten des soziokulturellen Zentrums sind optimistisch. Auch ohne Wahlen.

Vor einem Haus im Garten jonglieren ein Mann und eine Frau mit Bällen

Im soziokulturellen Zentrum „HaSi“ gibt es wichtigere Themen als die anstehende Wahl Foto: Felix Abraham

HALLE taz | „Da bin ich die Falsche“, sagt Hannah. Die Bundestagswahl interessiert sie nicht sonderlich. „Ich bin Hardcore-Anarchistin“, fügt sie an. Hannah ist Mitglied im Verein Capuze, der sich für das linke Hausprojekt Hasi in Halle engagiert. Am Dienstag warten sie und ein paar weitere Aktivisten vor dem Wirtshaus „Die goldene Rose“. Hier findet am Abend die taz.meinland-Diskussion über die Zukunft der Hasi statt. Das soziokulturelle Zentrum steht vor dem Aus, denn Ende des Monats laufen die Verträge aus.

Fabian, Andi und Hannah stehen um ein Tablett mit Wodkashots. Die drei heißen eigentlich anders, aber ihre echten Namen möchten sie lieber nicht in der Zeitung lesen – auch wegen Drohungen aus dem rechten Lager. „Ein schönes Schauspiel“ ist die Bundestagswahl nach Andis Meinung, mehr nicht. Gewählt hat er trotzdem. Erststimme Petra Sitte, die Direktkandidatin der Linken. Eine taktische Stimme, denn „die hat wirklich Chancen, das Direktmandat zu bekommen.“ Und – sie kämpft für das Bleiben der Hasi.

„Das ist halt immer die Abwägung, wählen gehen, damit die Rechten nicht reinkommen, oder Protestwahl“, sagt Hannah. Am liebsten wäre ihr, die Trotzkisten würden wieder stärker werden. Aber diesmal wird sie wohl einfach ungültig wählen. „Ich habe eigentlich mit allen Parteiprogrammen Probleme. Für was also wählen?“

Die Bundestagswahl stößt bei den Linksaktivisten der Hasi auf kein großes Interesse. „Wir versuchen außerparlamentarisch zu arbeiten“, erklärt Andi. Die Projekte im Hasi würden über das ganze Jahr laufen. Dazu gehören Sprachkurse, politische Diskussion oder Theateraufführungen. „Vor ein paar Tagen hatte ein Stück Premie­re, das die AfD auf den Arm nimmt“, erzählt Andi. Und dann gibt es ja noch die wöchentlichen Montagsdemos der Rechten auf dem Marktplatz. Aber die würden langsam an Zulauf verlieren.

Außerparlamentarische Arbeit leisten

Die goldene Rose füllt sich währenddessen langsam. Zwischen rotgoldenen Tapeten, Holzbalken und Retroschirmlampen sitzen die ersten ZuschauerInnen auf abgeschabten Sofapolstern zusammen. Hinter der Bar steht Stephan Schirrmeister und schenkt Bier aus. „Hier war schon Mozart zu Gast“, erzählt er und zeigt auf eine Postkarte mit einer alten Fotografie des Gebäudes. Schirrmeister ist Mitglied im Verein Haushalten e. V., der sich nach 16 Jahren Leerstand um das Gebäude kümmert. Er kennt so gut wie jede Anekdote zu der Gaststätte.

Die erste urkundliche Erwähnung stammt aus dem Jahr 1478. Damit ist die goldene Rose das älteste Gasthaus der Stadt. Außerdem war sie Genschers Lieblingslokal. Wie viele Jungendliche wusste der nämlich, dass man hier Essensmarken gegen Schwarzbier eintauschen konnte. „Auch die Zwei-plus-vier-Gespräche wurden hier abgehalten“, erzählt Schirrmeister weiter. Heute werden die Räume im ersten Stock an Studenten und Musiklehrer vermietet. Im Untergeschoss finden hauptsächlich Veranstaltungen wie Geburtstage, Hochzeiten – oder eben politische Diskussionen statt.

„Ja, wir wollen das!“

Mindestens 90 Menschen haben den Weg in die Goldene Rose an diesem Abend gefunden – Linke, Unterstützer, Interessierte. Mit Petra Sitte sitzt die größte Unterstützerin der Hasi mit am runden Tisch. Ihre Position wird gleich zu Anfang deutlich. „Es bedarf einer klaren Ansage: Ja, wir wollen das!“ Fast alle hier im Saal sind auf ihrer Seite.

Ob sie das Direktmandat holen wird, ist allerdings noch offen. Im Moment führt die CDU in Halle die Umfragen an. Aber auch die AfD könnte ihr noch nahe kommen. Bei den Landtagswahlen gewann sie das ­Direktmandat, obwohl die Kandidatin niemand kannte. „Jetzt haben wir dieselbe Situation. Die AfD-Kandidatin war bei noch keiner Diskussion dabei“, sagt Sitte nach Ende der Diskussion.

Dabei hatten sich die anderen Parteien eigentlich darauf verständigt, sich mit der AfD auseinanderzusetzen. „Aber es geht einfach nicht.“ Das Interesse der Bevölkerung an der Wahl sei allerdings riesig, erzählt Sitte. Noch nie habe sie so viele Diskussionen am Wahlstand geführt, noch nie so wenige Beschimpfungen erhalten. „Die richten sich dieses Mal eher an Merkel und die CDU“, sagt sie.

Anführend bei den Protesten sei besonders ein gewisser Sven Liebich, erzählen die Aktivisten der Hasi. Der Rechtsextreme ist dafür bekannt, immer wieder Aktionen von linken Aktivisten zu stören. Im Februar machte er als verkleideter Imam Stimmung gegen Muslime. „Der und seine Leute sind gefährlich“, sagt ein älterer Mann mit Schirmmütze.

Diese Veranstaltung wird nicht gestört. Stattdessen formiert sich ein breites Bündnis, das für den Verbleib der Hasi kämpfen will. Ob die Bundespolitik dabei helfen kann, daran zweifeln allerdings die meisten.

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