Machtkampf unter Ökobauern: Der Aufstand im Bioland

Mehrere Landesverbände der größten Ökobauernorganisation fordern den Rücktritt von Präsident Dosch. Wie viel Zentralismus statt Basisdemokratie darf es geben?

Basisdemokratisch oder zentralistisch? Bioland-Büro. Bild: dpa

Der Machtkampf in Deutschlands größter Ökobauernorganisation Bioland eskaliert. Vier der acht Landesverbände fordern von der Bundesdelegiertenversammlung am Montag, Präsident Thomas Dosch abzuwählen. Er "besitzt nicht die soziale Kompetenz, den Verband zu einen", heißt es in einer Vorlage der gemeinsamen Landesorganisation für Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg.

Ähnliche Anträge stellten der zweitgrößte Landesverband, Baden-Württemberg, die Nummer drei, Nordrhein-Westfalen, und Rheinland-Pfalz/Saarland. Alle Papiere wurden der taz anonym zugespielt, Beteiligte bestätigten aber den Inhalt.

Bei Bioland sind etwa 5.200 Ökobauern Mitglied, die auf umweltschädliche Pestizide und Mineraldünger verzichten. Zusammen mit der Biobauernorganisation Naturland und dem Dachverband BÖLW ist Bioland der wichtigste Gesprächspartner für die Politik, wenn es um die Interessen der Branche geht. Dosch, seit rund zehn Jahren im Amt, ist ihr bekanntester Sprecher.

Selbst York Wollatz aus Schleswig-Holstein, der einen der Abwahlanträge eingereicht hat, bescheinigt Dosch: "Er ist ein hervorragender Repräsentant nach außen." Aber: "Er kann die Leute an der Basis nicht mitnehmen."

Tatsächlich ist es dem Bauern und studierten Agrarökonomen nicht gelungen, den Landesverband Baden-Württemberg in den 2008 umstrukturierten Gesamtverband zu integrieren. Die Baden-Württemberger bestehen zum Beispiel darauf, weiter selbst über die Mehrheit der Mitgliedsbeiträge aus ihrem Land zu entscheiden. Dosch und seine Verbündeten wollen mit ihrer Reform nach eigener Darstellung aber Doppelstrukturen abbauen und Bioland effizienter machen.

"Nur noch machtgierig"

Doch viele Mitglieder sehen dadurch die Demokratie im Verband gefährdet. "Dosch ist einfach nur noch machtgierig", sagt ein Biobauer aus Baden-Württemberg. "Er lebt einfach keine Basisdemokratie. Es gibt auch keine Pressefreiheit bei Bioland. Jeder Artikel der Verbandszeitschrift geht über seinen Tisch, und wenn er ihm nicht passt, wird er nicht gedruckt."

Besonders übel nehmen seine Gegner Dosch, dass er 2008 der Vermarktungsgesellschaft Bioland Markt GmbH & Co. KG eine Bürgschaft über 300.000 Euro gegeben hat - ohne Genehmigung durch das Präsidium. Die Firma verkauft Getreide der Bauern, die ihre Gesellschafter sind, gehört aber nicht dem Verband.

Dosch gesteht einen Fehler ein: "Mit der Vergabe der Bürgschaft an die Bioland Markt hat Thomas Dosch die Geschäftsordnung nicht beachtet", schreibt er in einer Stellungnahme zu den Abwahlanträgen. Für diese Eigenmächtigkeit habe er sich entschuldigt.

Den Konflikt mit Baden-Württemberg räumte Dosch ein, schiebt die Verantwortung jedoch ausschließlich dem Landesverband zu, der sich nicht "an demokratisch gefasste Beschlüsse" halte. "Die aktuelle Situation auf die 'soziale Kompetenz' einer einzelnen Persönlichkeit zu reduzieren ist völlig unangemessen", heißt es in seiner Verteidigungsschrift.

Aber sie scheint kaum noch etwas bewirken zu können. Zwar werden Doschs Gegner bei der Versammlung am Montag in Fulda wohl kaum die für eine Abwahl nötige Zweidrittelmehrheit bekommen. Eine einfache Mehrheit ist allerdings möglich. Dann wären Doschs Chancen auf eine im März fällige Wiederwahl beeinträchtigt.

Seine Gegner glauben indes nicht, dass der Konflikt die Position der Biobranche, die gerade unter massivem Beschuss durch CDU/CSU und FDP steht, schwächen könnte. "Das hängt ja nicht nur an einer Person. Da treten ja die Ökoverbände gemeinsam auf", sagt ein Bioland-Mitglied. Und im Übrigen: "Niemand ist nicht ersetzbar."

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