Madrid belastet Reiche stärker: Vermögenssteuer a la española

Die Linkskoalition nennt es „Solidaritätssteuer“. Millionäre müssen zahlen, Abgaben für Geringverdiener sinken. Aber: Es gibt auch Ausnahmen.

Frauen vor einem Postkartenstand

Straßenszene in Ronda, Andalusien. Die ärmste Region des Landes hatte die Vermögenssteuer vor zwei Wochen abgeschafft Foto: Jon Nazca/reuters

MADRID taz | Spaniens Linkskoalition hat eine Reichensteuer für Vermögen über drei Millionen Euro geschaffen. Gleichzeitig werden die Abgaben für Geringverdiener gesenkt. Die „Solidaritätssteuer“ der Reichen, wie dies Finanzministerin María Jesús Montero nennt, soll 1,5 Milliarden Euro jährlich in die Staatskassen bringen, während die Steuersenkung für Geringverdiener knapp eine Milliarde Euro pro Jahr kostet.

Wer ein Vermögen von drei bis fünf Millionen Euro sein Eigen nennt, muss 1,7 Prozent ans Finanzamt abführen; von fünf bis zehn Millionen 2,1 Prozent und darüber 3,5 Prozent. Ausserdem wird die Steuerprogression für Einkommen aus Kapital angehoben. Wer mit seinem Guthaben jährlich zwischen 200.000 und 300.000 Euro verdient, muss statt bisher 26 künftig 27 Prozent Einkommensteuer abführen. Über 300.000 Euro sind es 28 Prozent. Die Besteuerung liegt damit noch immer weit unter dem europäischen Schnitt.

Am anderen Ende der Steuerskala wird entlastet. Personen, die weniger als 18.000 Euro im Jahr verdienen, sollen 746 Euro jährlich weniger zahlen. Wer unter 15.000 Euro pro Jahr einnimmt, muss überhaupt keine Steuern bezahlen. Bisher lag dieser Freibetrag bei 14.000 Euro.

Andalusien hat Vermögenssteuer abgeschafft

In Regionen, in denen bereits eine Steuer auf Kapitaleinkommen und Vermögen besteht, wird die neue Reichensteuer gegen die dortigen Abgaben gegengerechnet. „In den meisten Regionen wird die neue Steuer deshalb nicht fällig“, erklärte Finanzministerin Montero.

Die Idee für die „Solidaritätssteuer“ kam auf, als vor zwei Wochen nach der Hauptstadtregion Madrid ausgerechnet die ärmste Region des Landes, das südspanische Andalusien, die Vermögenssteuer abschaffte. „Das wird Investitionen anziehen, und so die Wirtschaftstätigkeit und Beschäftigung fördern“, erklärte der Chef der dortigen konservativen Regierungspartei Partido Popular, Juan Manuel Moreno.

Eine Antwort auf die Frage der Opposition, Gewerkschaften und Verbraucherverbände, wie er Gesundheits- und Bildungswesen ohne Steuern verbessern wolle, blieb Moreno bisher schuldig. Er setzt auf den berühmten Trickle Down-Effekt, also darauf, dass Steuererleichterungen für die Reichen irgendwann Konsum und Investitionen ankurbeln und damit irgendwann unten, dort wo Steuern bezahlt werden, ankommen.

In den anderen Regionen stößt die neue Steuerpolitik Andalusiens auf Unmut. Sie befürchten, dass große Vermögen jetzt nach Madrid mit Andalusien ein zweites Steuerparadies haben, wohin sie abwandern können. In Madrid ist der Steuerdruck auf Vermögen und große Erbschaften seit Jahren so gering wie sonst nirgendwo im Land.

Da die neue Reichensteuer der Zentralregierung nun vor allem in Andalusien und Madrid fällig wird, will Moreno vor Gericht gehen. „Dies ist eine anti-andalusische Maßnahme. Es ist ein Angriff auf Andalusien, und die Leute verstehen das so“, erklärt ein Vertreter der Regionalregierung. Acht Monate vor den Regional- und Kommunalwahlen und ein Jahr vor den nächsten Parlamentswahlen stehen Steuerpolitik und Steuergerechtigkeit damit im Zentrum der politischen Debatte.

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