Manipulierte Parlamentswahl: Zweifel an Partnerschaft mit Russland

Vertreter der Parteien im Deutschen Bundestag kritisieren beinahe einhellig die Durchführung der russischen Parlamentswahlen.

Stimmenauszählung bei Wahl in Russland Bild: dpa

BERLIN taz Von offener Kritik an Moskau und der Infragestellung einer strategischen Partnerschaft mit Russland bis hin zu vornehmer Zurückhaltung reichten gestern die Reaktionen aus den im Bundestag vertretenen Parteien auf den Ausgang der russischen Parlamentswahlen.

Eckart von Klaeden, außenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, bezeichnete die Wahlen als "nicht frei und fair". Angesichts der massiven Beeinträchtigungen vor der Wahl sei nicht zu erwarten gewesen, dass eine der demokratischen Oppositionsparteien den Sprung in die Duma schaffe. Eine kleine Überraschung sei allenfalls gewesen, dass Putins Partei Einiges Russland trotz einer massiven Kampagne nicht sehr viel mehr Stimmen bekommen habe als erwartet. "Putin hat durch sein Verhalten den Abstand zwischen der OSZE und dem Europarat erhöht. Deutschland muss jetzt darauf achten, dass die Einheit Europas gegenüber Russland gewahrt bleibt. Wir sollten uns nicht gegeneinander ausspielen lassen."

Zurückhaltender äußerte sich der Staatsminister im Auswärtigen Amt und SPD-Abgeordnete Gernot Erler. Das Wahlergebnis liege im Bereich des Erwartbaren und sei als Erfolg für Putin zu werten, der davon seine Zukunft abhängig gemacht habe. Vorwürfen von Manipulationen und Fälschungen müssten die zuständigen Organe nachgehen, sagte Erler, der es als bedauerlich bezeichnete, dass keine Langzeitbeobachter der OSZE vor Ort gewesen seien. "Ein Wechsel der Politik der Bundesregierung gegenüber Russland steht nicht bevor", sagte er.

Laut Gerd Weiskirchen, dem außenpolitischen Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag, habe Putin seine Popularität genutzt und sie in ein Plebiszit für sich und seine Partei Einiges Russland umgewandelt. Dieses Plebiszit berge die Gefahr, dass der Machtwechsel zum nächsten Präsidenten wie hinter einer Fassade stattfinde. "Dahinter verbirgt sich die Angst der ökonomischen und politischen Elite des Landes vor dem Verlust der Macht", sagte Weiskirchen.

Marieluise Beck, Bundestagsabgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen, Mitglied des Auswärtigen Ausschusses und der Deutsch-Russischen Parlamentariergruppe, sieht in dem "durch und durch gesteuerten Ablauf" der Dumawahlen nur einen Vorgeschmack auf die wichtigeren Präsidentenwahlen. Anstatt sich demokratisch legitimieren zu lassen, habe Präsident Putin die Parlamentswahlen beeinflusst und manipuliert. "Der Wahlsieg von Einiges Russland ist kein Vertrauensbeweis, sondern durch massiven Druck erzwungen worden. So kann für die EU kein strategischer Partner aussehen", sagte Beck.

Für Monika Knoche, Vizefraktionsvorsitzende der Fraktion Die Linke im Bundestag und Leiterin des Arbeitskreises "Internationale Politik", ist der Ausgang der Wahlen nicht überraschend. "Die Argumente der Opposition wiegen schwer. Wenn Gerichte angerufen werden, hoffe ich, dass sie nach demokratischen Standards entscheiden werden", sagte Knoche. Putin sollte sich an Venezuelas Staatschef Hugo Chávez orientieren, der seine Niederlage eingestanden habe. "Deutschland muss gegenüber Russland einen realistischen Weg beschreiten. Dazu gehört auch, Menschenrechtsfragen nicht auszuklammern."

Laut Michael Link, FDP-Bundestagsabgeordneter und Mitglied der Parlamentarischen Versammlung der OSZE, hätten die russischen Wähler und Wählerinnen nicht frei abstimmen können. Von einem demokratischen Sieg Putins zu sprechen gehe daher völlig an der Realität vorbei. "So kann Russland leider kein strategischer Partner für Deutschland sein", sagte Link.

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