Marinestadt Wilhelmshaven: Zwischen Meer und Militär

Soldaten im Stadtrat, im Fitnessstudio, am Strand. Kein anderer deutscher Ort hängt so sehr an der Marine wie Wilhelmshaven. Jetzt sorgt sich der Bürgermeister.

Hier treffen sich Meer und Militär: In Wilhelmshaven. Bild: dpa

WILHELMSHAVEN taz | Gerade erst ist die Fregatte Bayern von Wilhelmshaven aus in See gestochen. Das Kriegsschiff der Bundeswehr ist unterwegs ans Horn von Afrika, um dort für ein halbes Jahr als Flaggschiff die EU-Mission Atalanta anzuführen. Das Schiff soll im Verband mit anderen Fregatten die Piraterie an einer der gefährlichsten Seestraßen der Welt vor Somalia bekämpfen.

Wilhelmshaven im Blickpunkt der Weltpolitik – aber nur kurz, denn schon in diesen Tagen ist die Stadt wieder im Alltag angekommen. Wilhelmshaven als Stadt der Marine, verklammert mit der Bundeswehr wie kaum ein anderer Ort. Und genau das ist das Problem: Angeblich soll das Wilhelmshavener Marinearsenal im Zuge der Bundeswehrreform geschlossen werden, die Werft der Marine. Dort arbeiten 1.000 Menschen, der Verlust von Arbeitsplätzen wäre in der strukturschwachen Region an der Nordsee schon schlimm genug – aber es geht dabei auch um das Herz der Stadt.

"Das Marinearsenal ist ein wesentlicher Bestandteil Wilhelmshavens", sagt Oberbürgermeister Eberhard Menzel. Deshalb fordert er Klarheit über die Zukunft der Einrichtung. "Wir haben im Moment den Eindruck, es wird nur abgewiegelt", kritisiert Menzel. Vom Verteidigungsministerium fühlt er sich nicht ausreichend informiert über den Reformprozess. Menzel ist seit bald 25 Jahren Oberbürgermeister der Stadt. Am holzgeschnitzten Besprechungstisch in seinem Amtszimmer im Wilhelmshavener Rathaus macht er deutlich, wie sehr verknüpft die Stadt ist mit der Marine – und wie abhängig. „Wir haben immer den Auftrag der Marine mitgetragen, die Landesverteidigung und jetzt die Einsätze an den Krisenherden der Welt.“

Ohne die Marine gäbe es die Stadt nicht. Sie wurde 1869 nur gegründet, weil Preußen einen Kriegshafen an der Nordsee brauchte. Jahre zuvor hatte der Staat deshalb ein 313 Hektar großes Stück Land vom Großherzogtum Oldenburg gekauft. Seither ist Wilhelmshaven die Marinestadt, durch alle politischen System hindurch. Heute beherbergt sie den größten Marinestützpunkt, den zweitgrößten Bundeswehrstandort überhaupt. 9.300 Soldaten und Zivilisten arbeiten dort, mit ihren Angehörigen sind 20.000 der 80.000-Einwohner-Stadt nur wegen der Bundeswehr in Wilhelmshaven.

Nun also drohen Kürzungen. Die Bundeswehr muss verkleinert werden, das Verteidigungsministerium will die Zahl der Soldaten von 220.000 auf rund 180.000 reduzieren, die Zahl der zivilen Mitarbeiter von 76.000 auf 55.000. Das Ministerium mache sich "quer durch die Republik Gedanken, wie wir das erreichen können", sagte der Parlamentarische Staatssekretär beim Verteidigungsministerium, Thomas Kossendey (CDU). "Das geht auch an den Arsenalen in Wilhelmshaven und Kiel nicht spurlos vorbei." Zwar hat Kossendey eine Schließung dementiert, aber dennoch: In Wilhelmshaven sind die Sorgen groß. Ohne die Marine geht es nicht, und schon wenn sie geschwächt wird, kommt das für die Stadt einem Schlag gleich.

Wie Wilhelmshaven zwischen Weltpolitik und Provinzialität schwingt, wie die Stadt versucht, sich von der Verklammerung mit der Marine zu lösen, obwohl es ohne die Soldaten nicht geht, wie dort Tränen fließen und die Nordsee zum Baden einlädt, lesen Sie in der Ganzen Geschichte „Eine Stadt im Dienst“ in der aktuellen sonntaz.

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