Mario Draghi soll EZB-Präsident werden: Der Gegen-Berlusconi

Mario Draghi wird wohl neuer Präsident der Europäischen Zentralbank. Die "Bild"-Zeitung hetzte mit Italien-Klischees gegen ihn – wie unpassend!

Professor, Weltbank, italienisches Schatzministerium: Mario Draghi hat all das schon gemacht. Bild: dpa

ROM taz | Mamma mia", stöhnte Bild vor einigen Wochen, schockiert von der Möglichkeit, dass Mario Draghi neuer Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) werden könnte. Schließlich gehöre "bei den Italienern Inflation zum Leben wie Tomatensoße zur Pasta".

Spätestens seit dem italienisch-französischen Gipfel vom Dienstag hat der Italiener Draghi beste Chancen, zum Nachfolger Jean-Claude Trichets berufen zu werden. Nicolas Sarkozy erklärte, Frankreich sei "sehr glücklich, einen Italiener an der EZB-Spitze zu unterstützen". Doch wirkliche Sorgen muss sich auch Bild nicht machen: Eigentlich nämlich kommt da gar kein "Italiener", sondern ein angelsächsisch geprägter Banker, der keine Chance auslässt, sich als das komplette Gegenbild Silvio Berlusconis zu präsentieren.

Schon im Habitus Abstand zur vulgären römischen Politik

Studium am Massachussetts Institute of Technology, nach einigen Jahren als Professor in Italien dann von 1984 bis 1990 Exekutivdirektor der Weltbank und anschließend erst der Eintritt ins italienische Schatzministerium, wo er von 1991 bis 2001 der Chefstratege der Privatisierungen von Staatsunternehmen war – der 63-jährige Draghi pflegt schon im Habitus den Abstand zur lauten, seit Berlusconi gern auch vulgären römischen Politik.

Seit 2006 ist er Gouverneur der Banca d'Italia – und setzte sich radikal vom Kurs seines Vorgängers Antonio Fazio ab, der als Oberaufseher für Bankenfusionen allerlei undurchsichtigen Geschäften seinen Segen gegeben hatte. Der Anti-Berlusconi-Opposition gefällt Draghi so gut, dass sie ihn immer wieder als möglichen Premier handelt, wenn der Bunga-Bunga-Regierungschef scheitern sollte.

Draghi meldet sich mit deutlichen Worten zu Italiens Kurs in der Wirtschafts- und Finanzpolitik – Worten, die dem Schatzminister Giulio Tremonti regelmäßig sauer aufstoßen. Die Mafia als Wachstumsbremse, das Verlangen nach beherzterer Bekämpfung der Steuerhinterziehung, das entschiedene Eintreten für Wachstum: Draghis Wortmeldungen brachten ihm jedes Mal patzige Erwiderungen Tremontis ein. Europa kann sicher sein: Da käme kein windiger Berlusconi-Parteigänger nach Frankfurt.

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