Markus Henn zu Regulierung von Spekulation : "Bei den Rohstoffen platzt die Blase"

Spekulationen auf dem Rohstoffmarkt haben zu Preissteigerungen geführt, sagt Markus Henn von der Entwicklungsorganisation Weed. Jetzt geht es wieder abwärts. Trotzdem will die EU regulieren.

In den Himmel und zurück: Die Preise für Weizen. Bild: Martin Fisch | CC-BY-SA

taz: Herr Henn, die Preise für Rohstoffe wie Silber, Weizen oder Öl sind in den vergangenen Tagen an den Börsen eingebrochen. Warum?

Markus Henn: Es gibt Ängste zur weltwirtschaftlichen Entwicklung, etwa wegen der Ereignisse in Japan. Allerdings bedeutet der Einbruch eher eine Korrektur von vorher zu hohen Preisen. Bezeichnend ist, dass der vorherige Boom alle Rohstoffe betroffen hat und dass jetzt auch alle vom Preissturz betroffen sind. Die Anleger drängen also kollektiv in Märkte, wenn diese hohe Gewinne versprechen - und jetzt steigen sie kollektiv wieder aus.

Bilden die Preissprünge an Börsen den physischen Markt ab?

Nur zum Teil. Ein gutes Beispiel ist Weizen. Der war vor drei Jahren schon einmal sehr teuer. Damals waren die Lagerbestände tatsächlich knapp, doch selbst da spielte Spekulation eine zentrale Rolle. 2010 nun waren die Ernten gut, die Lagerbestände sind relativ hoch – und trotzdem stieg der Preis. Mit der Nachfrage in China oder dem Biosprit allein lässt sich das nicht erklären. Auch Silber ist völlig überbewertet. In diesen Markt sind Anleger geflüchtet und haben ihn aufgebläht. Nun platzt dort eine Blase.

MARKUS HENN arbeitet für die Organisation World Economy, Ecology and Development (Weed) in Berlin zu den Themen Finanzmärkte und Rohstoffterminhandel.

Ist der Run auf Rohstoffe an den Börsen schon vorbei?

Wohl nicht, denn die Banken versprechen immer wieder große Gewinne mit Rohstoffen. Aber sie schaffen es oft nicht, diese Versprechen einzuhalten. Wer natürlich immer Geld verdient, sind die Banken und Fonds mit ihren hohen Gebühren.

Wie wirken die stark fallenden oder steigenden Preise auf die Realwirtschaft?

Die Wirtschaft, die die Rohstoffe nutzt, also Produzenten wie Bauern und Nutzer wie Stahlwerke, haben unterschiedliche Interessen bei Preisen – aber stabile Preise wollen beide. Sie müssen die Rohstoffpreise in ihre Kalkulation aufnehmen und sich gegen starke Schwankungen an den Börsen absichern. In Europa lässt sich beobachten, dass mit der Liberalisierung der Landwirtschaft Preisschwankungen einhergehen. Damit werden die Terminbörsen wichtiger, um den weniger regulierten Handel abzusichern. Vielen Spekulanten hingegen sind schwankende Preise recht, denn sie verdienen daran.

Die Europäische Union will die Börsen stärker regulieren. Werden dadurch auch die Preissprünge begrenzt?

Die EU arbeitet gerade an zwei wichtigen Gesetzen dazu. Was genau kommen wird, ist schwer zu sagen. Erwartet wird aber, dass die Kommission für mehr Transparenz im Handel sorgen wird. Zum Beispiel in den USA muss die Regulierungsbehörde CFTC wöchentlich veröffentlichen, welche Händlertypen, also etwa Firmen oder Fonds, welche Rohstoff-Futures gekauft haben. So eine Berichtspflicht wird es wohl auch in Europa geben.

Ist mehr Transparenz die Lösung?

Nein. Das sehen wir in Großbritannien. Dort kaufen regelmäßig einzelne Händler die Rohstoffmärkte leer, zuletzt ist das mit Kakao oder Kupfer passiert. In der Regel weiß man zwar, wer's war, doch das nutzt nichts. Die Hersteller müssen trotzdem höhere Preise zahlen.

Welche Regeln werden noch diskutiert?

Die Regulierungsbehörden für Wertpapiere könnten verpflichtet werden, die Marktteilnahme über Positionslimits stärker zu kontrollieren. Das heißt, Händler dürften nur eine begrenzte Anzahl von Verträgen abschließen. Außerdem könnte man die Preisentwicklung kontrollieren wie in den USA. Der Handel würde ausgesetzt, wenn die Preise über eine bestimmte Grenze fallen oder steigen.

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