Massaker an mexikanischen Studenten: Die Transparenz-Offensive

Vor einem Jahr verschwanden in Mexiko 43 Studenten. Die Angehörigen werfen den Behörden immer wieder Geheimniskrämerei vor. Das will man nun ändern.

Erinnerung an die 43 Studenten in Iguala. Foto: dpa

MEXIKO-STADT dpa | Rund ein Jahr nach der Entführung und dem mutmaßlichen Mord an 43 Studenten in Mexiko hat die Justiz die Ermittlungsunterlagen im Internet veröffentlicht. Es handelt sich um 85 Bände mit rund 54 000 Seiten, wie die Generalstaatsanwaltschaft am Sonntag (Ortszeit) in Mexiko-Stadt mitteilte. Der Schritt solle zur Transparenz des Verfahrens beitragen und das Recht der Bürger auf Information garantieren, hieß es.

Zahlreiche Stellen in den Unterlagen sind geschwärzt. „Das Amt für Datenschutz hat die Veröffentlichung überwacht, um die Privatsphäre, die Unschuldsvermutung und das Recht auf einen fairen Prozess zu garantieren“, sagte Generalstaatsanwältin Arely Gómez.

Am 26. September 2014 hatten Polizisten die 43 jungen Männer in der Stadt Iguala im südwestlichen Bundesstaat Guerrero verschleppt und sie der kriminellen Organisation Guerreros Unidos übergeben. Nach dem bisherigen Stand der Ermittlungen hatte der Bürgermeister von Iguala den Polizeieinsatz angeordnet, um zu verhindern, dass die Studenten eine Rede seiner Ehefrau störten.

Bislang lautete die offizielle Version, Bandenmitglieder hätten die Studenten der linken Landuniversität Ayotzinapa danach getötet und ihre Leichen auf einer Müllkippe verbrannt. Offenbar hielten die Guerreros Unidos die jungen Männer für Mitglieder einer verfeindeten Bande.

Weiter als vermisst geführt

Zuletzt hatte eine von der Interamerikanischen Menschenrechtskommission beauftragte Expertengruppe aber Zweifel an den offiziellen Ermittlungsergebnissen geäußert. Sie sah es unter anderem als unmöglich an, dass so viele Leichen in kurzer Zeit hätten verbrannt werden können.

Auch Mexikos Behörden bewerteten den Fall daraufhin neu. Die Studenten werden nun weiter als vermisst geführt. Ein internationales Team von Forensikern soll nun erneut prüfen, ob die Studenten tatsächlich auf der Müllkippe verbrannt wurden.

Die Angehörigen und Kommilitonen der Opfer hatten die offiziellen Ermittlungsergebnisse stets zurückgewiesen. Sie vermuten hinter der Tat einen gezielten Angriff der staatlichen Sicherheitsbehörden auf die linke Landuniversität Ayotzinapa. Einige vermuten, dass das Militär die Studenten an einem geheimen Ort festhält.

Am Sonntag bekräftigten die Eltern, dass sie keine Wahlen in der Ortschaft Tixtla zulassen werden, wo das Lehrerseminar liegt. Bereits bei den Regionalwahlen im Juni hatten sie Wahlzettel und Urnen verbrannt und die Abstimmung so ungültig gemacht. Nun soll die Wahl in Tixtla Ende November wiederholt werden.

„Wir Eltern werden nicht erlauben, dass in Tixtla gewählt wird, denn die Regierung ignoriert unsere Forderung, uns unsere Söhne lebend zurückzugeben“, sagte María de Jesús Tlatempa Bello, die Mutter eines der verschleppten Studenten. Die Studenten und Opferfamilien wollen die Ortschaft künftig ohne Beteiligung der politischen Parteien regieren.

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