Meduza-Auswahl 22. bis 28. Juni: Gegen den „kollektiven Westen“

Unterstützt die russische Bevölkerung die Wagner-Gruppe? Und wie genau lief der Putschversuch am letzten Samstag ab? Texte aus dem Exilmedium.

Zwei Männer in zivel posieren mit Soldaten vor einem Panzer, der mit den Buchstaben "z" bemalt ist

Rostow am Don, Russland: Wagner-Soldaten sitzen auf einem Panzer, Zivilisten posieren für ein Bild Foto: ap/dpa

Das russisch- und englischsprachige Portal Meduza zählt zu den wichtigsten unabhängigen russischen Medien. Im Januar 2023 wurde Meduza in Russland komplett verboten. Doch Meduza erhebt weiterhin seine Stimme gegen den Krieg – aus dem Exil. Die taz präsentiert seit 1. März unter taz.de/meduza immer mittwochs in einer wöchentlichen Auswahl, worüber Meduza aktuell berichtet. Das Projekt wird von der taz Panter Stiftung gefördert.

In der Woche vom 22. bis 28. Juni 2023 berichtete Meduza unter anderem über folgende Themen:

Prigoschin und die Meduza-Leser*innen

Nach dem Wagner-Aufstand fragt Meduza seine Le­se­r*in­nen: Wie seht ihr die Söldnergruppe? Eine Auswahl der Antworten hat das Exilmedium hier veröffentlicht (russischer Text). „Wenn Prigoschin sich jetzt in den Schatten zurückzieht, wird er immer noch die Liebe vieler Russen genießen“, meint etwa Dmitri aus Pskow. „Schoigu (Verteidigungsminister Russlands, Anm. d. Red) wird bei der ersten Gelegenheit abgesetzt werden. Ich wünsche dem Verursacher all unserer Probleme ein Sondertribunal“, erklärt Artom aus Ufa.

Währenddessen versuchen die Behörden des Kreml, das Scheitern des Putsches als Erfolg zu verkaufen – und beschönigen ihn gleichzeitig. In diesem Beitrag (russischer Text) sammelt Meduza einige Bilder und Videos des Aufstandes am vergangenen Samstag als Chronologie.

Wie wurde Medwedew vom „Liberalen“ zum Kriegstreiber?

Er galt einmal als „liberaler russischer Präsident“, inzwischen ist Dmitri Medwedew ein Kämpfer gegen „Ukronazis“ – eine Wortschöpfung aus „Ukraine“ und „Nazis“ – und „den kollektiven Westen“. Was ist da passiert? Diese Frage stellt sich auch Meduza – und versucht sie auch zu beantworten (russischer Text).

„Medwedew wollte noch einmal ins Präsidentenamt, aber Putin hat ihn nicht gelassen. Parallel bekam Medwedew von Putin eine Art Garantie für das Amt des Premierministers während der nächsten beiden Amtszeiten des Präsidenten – da zeichnete sich vielleicht eine Nachfolge Putins ab“, erklärt ein Informant von Meduza, der dem Kreml nahesteht.

Der politische Analyst Nikolai Petrow betont, dass der ehemalige russische Präsident Medwedew in einem ihm „möglichst feindlich“ gesonnenem Umfeld arbeite. Man habe ihm, im übertragenen Sinne, keine eigene Hütte zugewiesen, sondern eine Gemeinschaftswohnung mit Wanzen, so Petrow.

Julia Aljoschina ist trans – und will Gouverneurin werden

Julia Aljoschina ist Russlands erste offen als Transgender lebende Politikerin. Nun will sie im kommenden September für das Gouverneursamt der südostrussischen Region Altai kandidieren. In der Vergangenheit war sie Vorsitzende der lokalen Sektion der Partei Bürgerinitiative, musste jedoch vor einem Jahr zurücktreten – als Folge des Gesetzes gegen „LGBT-Propaganda“. Mit ihr sprach das ebenfalls unabhängige russische Medium Novaya Gazeta Europe, Meduza fasst in diesem Bericht das Gespräch zusammen (englischer Text).

Ein Gesetzesentwurf, der von der russischen Staatsduma neulich gebilligt wurde, der geschlechtsangleichende Operationen, Hormontherapien und die Änderung des Geschlechtseintrags in juristischen Dokumenten verbietet, habe sie „in einen Zustand von Stress und Schock“ versetzt, so Aljoschina. Das neue Gesetz, sagt sie, würde das Recht von Transmenschen auf medizinische Versorgung einschränken. Ihre Kandidatur ist also auch ein Protest.

Yandex-Verkauf könnte an westlichen Sanktionen scheitern

Mitte Mai hatte Meduza bereits über den möglichen Verkauf von Yandex, inzwischen ein russisch-niederländisches Unternehmen mit Sitz in Amsterdam und mit operativer Hauptzentrale in Moskau, berichtet. Nun hat das Exilmedium herausgefunden: Der Deal, der im Mai von Wladimir Putin genehmigt wurde, könnte daran scheitern, dass daran beteiligte Oligarchen unter westliche Sanktionen fallen.

In diesem Beitrag (englischer Text) fasst Meduza die Ereignisse zusammen. Eigentlich sollte Yandex an die VTB-Bank und drei unter westlichen Sanktionen stehende Oligarchen – den Eigentümer des Mischkonzerns Interros, Wladimir Potanin, den Hauptaktionär des Stahlunternehmens Severstal, Alexey Mordashov, und den Gründer von Lukoil, Vagit Alekperov – verkauft werden. Nun muss sich Yandex wohl erneut an den Kreml wenden – und einen neuen Plan entwickeln.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir alle wollen angesichts dessen, was mit der Ukraine derzeit geschieht, nicht tatenlos zusehen. Doch wie soll mensch von Deutschland aus helfen? Unsere Ukraine-Soli-Liste bietet Ihnen einige Ansätze fürs eigene Aktivwerden.

▶ Die Liste finden Sie unter taz.de/ukrainesoli

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.