Mehr Anerkennung für Korsika: Autonomie von Macrons Gnaden

Frankreichs Präsident konkretisiert seine Pläne für die Insel Korsika. Manchen gehen die Zugeständnisse an die Insel nicht weit genug, anderen zu weit.

Die korsiche Flagge, eine schwarze Figur auf weißem Hintergrund, weht vor einem blauen Himmel

Emmanuel Macron besucht Korsika, das auf mehr Unabhängigkeit pocht Foto: Valerio Rosati/picture alliance

PARIS taz | Die Frage der Autonomie für Korsika soll nicht länger „ein Totem für die einen und ein Tabu für die anderen“ sein, sagte der französische Präsident Emmanuel Macron am Donnerstag vor der Korsischen Versammlung. Macron war aus Anlass der Feierlichkeiten für den Aufstand gegen die Besetzung und die Befreiung Korsikas vor 80 Jahren gekommen.

Doch das eigentliche Thema seines Besuchs war eine institu­tio­nelle Reform, die den lokalen Inselbehörden nicht nur zusätzliche Zuständigkeiten übertragen, sondern auch die Besonderheiten Korsikas mit einem Artikel in der Verfassung der französischen Republik verankern soll. Macron sprach in der Inselhauptstadt Ajaccio von einer „historischen Etappe“. Seine Rede möchte er als „gereichte Hand“ verstanden wissen.

Bisher war allein schon das Wort „Autonomie“ für die jeweils Regierenden auf dem französischen Festland ein Tabu gewesen. Die korsischen Nationalisten, die derzeit über eine Mehrheit in der Korsischen Versammlung verfügen, hatten lange sogar ultimativ eine Unabhängigkeit gefordert. Schon die Tatsache, dass Macron seine Ansprache mit dem Ruf „Vive la Corse, vive la France et la République!“ beendete, verdient also Beachtung.

Fast dieselben Worte hatte vor zehn Jahren schon sein Vorgänger François Hollande in den Mund genommen, das war damals politisch mutig und ein kleiner Skandal. Heute scheint der Weg zu einer Autonomie nach vorbereitenden Diskussionen zwischen den Nationalisten in Ajaccio und der Pariser Regierung fast eine Selbstverständlichkeit geworden zu sein.

Macron versucht die Tragweite zu relativieren

Für die Konkretisierung mit einem gemeinsamen Text der institutionellen Reform hat Macron eine Frist von sechs Monaten angesetzt. Bis dann sollte die Korsische Versammlung der ausdrücklichen Anerkennung der historischen, kulturellen und sprachlichen Besonderheiten sowie der Übertragung der politischen und administrativen Kompetenzen zustimmen – was kaum ein Problem darstellen dürfte. Danach aber ist eine Revision der französischen Verfassung erforderlich, für die es eine qualifizierte Dreifünftelmehrheit braucht.

Da selbst diese Perspektive einer Autonomie für die Mittelmeerinsel in den beiden Kammern in Paris vor allem bei der rechten Opposition auf Ablehnung stoßen dürfte, versucht Macron bereits die Tragweite zu relativieren. Korsika bleibe Teil der Republik, und die Entscheidungen der Inselbehörden würden auch in Zukunft unter der Aufsicht der Verwaltungsjustiz und der Verfassungsrichter getroffen. Von einer Loslösung von der Republik oder umgekehrt von einem Ende der finanziellen Unterstützung Korsikas aus Paris solle keine Rede sein.

Wie dies zu erwarten war, gehen aber Macrons symbolische Gesten und Worte einem Teil der korsischen Nationalisten nicht weit genug. Für den früheren Vorsitzenden der Korsischen Versammlung, Jean-Guy Talamoni (von der Parti Corsica libera) gebe sich Macron nur „offen in der Form“, er komme aber den „eigentlichen Forderungen der Nationalisten“ nicht entgegen. Außer der von Macron versprochenen Förderung der korsischen Sprache in den Schulen und der Verwaltung wünschen sie unter anderem einen Schutz der korsischen Einheimischen gegen die Immobilienkäufe von Festlandfranzosen.

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