Merkel besucht Mongolei: Unbelasteter Rohstoffdeal

Bis vor kurzem saß in Berlin der mongolische Geheimagent Bat Khurts in Untersuchungshaft. Pünktlich zu Angela Merkels Reise in die Mongolei ist er wieder frei.

Gold und Kupfer hat die Mongolei zu bieten. Bild: ap

BERLIN taz | Wenn Angela Merkel ab Mittwoch als erste bundesdeutsche Regierungschefin die Mongolei besucht, wird sie sich ganz den Wirtschaftsinteressen widmen können. Im Rahmen ihrer Visite soll ein Rohstoffabkommen unterzeichnet werden, das den Zugang deutscher Konzerne zu mongolischen Erzvorkommen ebnet.

Die nur drei Millionen Einwohner zählende Mongolei, die wirtschaftlich traditionell von ihren Nachbarn China und Russland dominiert wird, ist reich an Kupfer, Gold, Kohle und den strategischen Seltenen Erden.

Während Merkels Besuch soll ein Milliardenvertrag unterzeichnet werden. Das australisch-deutsche Konsortium BBM Operta, an dem RWE, Thyssen-Krupp und Siemens beteiligt sind, will mit dem mongolischen Staatskonzern Erdenes TT bei Tavan Tolgoi rund 540 Kilometer südlich der Hauptstadt Ulan Bator in den nächsten zehn Jahren 100 Millionen Tonnen Kokskohle fördern. Das Projekt in einer der größten noch unerschlossenen Kohlelagerstätten der Welt hat ein Volumen von zwei Milliarden US-Dollar.

Glück für Merkel, dass ihr Besuch nicht mehr von einer Agentenaffäre überschattet wird, die ein düsteres Licht auf die postsozialistische Mongolei wirft. Denn bis vor kurzem saß in Berlin der mongolische Geheimagent Bat Khurts in Untersuchungshaft, der zeitweilig sogar Geheimdienstchef war. Doch Ende September und damit kurz vor Merkels Reise hob der Bundesgerichtshof überraschend den Haftbefehl gegen den 42-Jährigen auf. Er setzte sich darauf in die Heimat ab, wo ihn die Regierung freudig empfing.

Folter in der Botschaft in Berlin

Die Generalbundesanwaltschaft hatte Khurts wegen Verschleppung und gefährlicher Körperverletzung angeklagt. Im August wurde er von Großbritannien nach Deutschland ausgeliefert worden, wo er 2010 aufgrund eines von Deutschland erwirkten Haftbefehls bei der Einreise festgenommen war. Sein Pochen auf diplomatische Immunität blieb wirkungslos.

Khurts soll 2003 in Frankreich den mongolischen Asylbewerber Enkbhat Damiran entführt und nach Berlin verschleppt haben. Damiran war nach Frankreich geflohen, weil ihn die von der Ex-Staatspartei MRVP gestellte mongolische Regierung für den Mord an dem Reformpolitiker Sanjasuuren Zorig verantwortlich machte. Der war 1998 in Ulan Bator erstochen worden, kurz bevor er Regierungschef werden sollte. Damiran bestritt stets die Vorwürfe.

In Berlin soll Damiran in der mongolischen Botschaft gefoltert, unter Drogen in einen Rollstuhl gesetzt und von der mongolischen Fluglinie MIAT ausgeflogen worden sein. In Ulan Bator wurde er weiter gefoltert. Seinem Anwalt gelang es, dies mit versteckter Kamera zu filmen. Danach wurde der Mordvorwurf fallen gelassen, doch Damiran wegen "Verrats von Staatsgeheimnissen" verurteilt. 2006 wurde er schwerkrank entlassen, fünf Tage später starb er.

Hätte der Agent Khurts bei Merkels Besuch noch in deutscher Haft gesessen, hätte dies die Rohstoffdiplomatie belastet. Der Fall hatte zuvor für Spannungen im britisch-mongolischen Verhältnis gesorgt. "Ich kann die Entscheidung des Bundesgerichtshofes nicht nachvollziehen", sagte der grüne Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele, der Mitglied im Auswärtigen Ausschuss ist, zur taz. "Ich habe dabei wie bei der zeitlichen Abfolge ein ungutes Gefühl." Merkel müsse in Ulan Bator klarmachen, dass es nicht hinnehmbar ist, dass solche Taten über deutsches Territorium erfolgen, und darauf dringen, dass Khurts zur Hauptverhandlung wieder nach Berlin kommt.

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