Merkel in Athen: Stimmung? Nachhaltig beschädigt

Weltanschauung, Auflagesteigerung oder Sensationslust: Die antideutschen Medien in Griechenland haben verschiedene Motive.

Griechenland bereitet sich auf den Merkelbesuch vor. Bild: dpa

ATHEN taz | Giorgos Trangas ist der Klassiker unter den Merkel-Hassern. Der exzentrische Verleger und TV-Moderator hat schon mal behauptet, die Bundeskanzlerin sehe aus „wie ein zerquetschter Strudel“. Seit 2009 wettert er gegen die „deutschen Besatzer“ und das „Vierte Reich“, sowohl in seiner TV-Show im Athener Lokalsender „Extra-3“ als auch am Mikrofon des beliebtesten Radiosenders „Real-News“.

Im Februar verhängte ihm der griechische Presserat ein Bußgeld von 25.000 Euro wegen Beleidigung. Doch Trangas macht weiter: Auf dem Cover seines Politmagazins Crash präsentierte er Angela Merkel in Anlehnung an den Mafiaklassiker als „Die Patin“. Untermauert wird diese Darstellung durch ein Interview mit der deutschen Politikberaterin Gertrud Höhler, die in ihrem gleichnamigen jüngsten Buch zum Rundumschlag gegen Merkel ausholt.

Was treibt Trangas an? Möglicherweise die Quote, denn er ist dafür bekannt, dass er Spartenmedien billig aufbaut und teuer verkauft. Vielleicht aber auch nur die Lust an der Auseinandersetzung. Ältere Semester erinnern sich noch an eine Geschichte, die dem jungen Trangas 1988 zu landesweitem Ruhm verhalf: Für eine konservative Zeitung berichtete er damals aus London über den sozialistischen Ministerpräsidenten Andreas Papandreou, der sich dort einer Herzoperation unterziehen musste.

Seine Kommentare gingen derart unter die Gürtellinie, dass Papandreous Vertrauter Michalis Ziangas der Legende nach den sensationslustigen Trangas durch den Garten des Londoner Krankenhauses jagte, um ihm ein paar Ohrfeigen zu verpassen.

Merkel in Nazi-Uniform

Sensationslustig kam auch die Wochenzeitung mit dem ungewöhnlichen Namen Freitag der 13. daher. Neun Jahre lang ließ das Blatt nichts unversucht, um die Auflage zu steigern: Politklatsch, Gratis-DVDs, Farbfotos von leicht bekleideten Damen – oder eben auch Merkel in Nazi-Uniform. Es half alles nichts, im August musste der Verleger Emilios Liatsos Konkurs anmelden. Wenige Wochen später wurde er überraschend zum neuen Nachrichtenchef des Staatsfernsehens ernannt.

Keine wirtschaftlichen, sondern eher politische Interessen vermutet man bei der Athener Tageszeitung Dimokratia. Das Blatt mit einer bescheidenen Auflage von 12.000 Exemplaren will patriotisch gesinnte Leser ansprechen, denen andere Medien zu links sind.

Exkurse in die griechische Geschichte oder in die Gefilde des Glaubens sind in Dimokratia genauso Standard wie uniformierte Bundeskanzlerinnen oder verächtliche Sprüche über den deutschen Leiter der EU-Task-Force für Griechenland, Horst Reichenbach, der immer wieder als „Gauleiter“ apostrophiert wird.

Eine Sonderrolle unter den Deutschlandkritikern nimmt die Sonntagszeitung Proto Thema ein – nicht nur wegen der für griechische Verhältnisse imposanten Auflage von 200.000 Exemplaren, sondern auch weil das Blatt sich offenbar Bild zum Vorbild nimmt: Direktangriffe sind selten, Kommentare werden subtil losgelassen, als wollten sie das Unterbewusstsein des Lesers ansprechen. „Demonstrationen wegen Merkel verboten“, titelte am Montag die Onlineausgabe der Zeitung, wobei das Wort „verboten“ im Zusammenhang mit der Ankündigung eines Gastes aus Deutschland offenbar eine besondere Bedeutung bekommen soll.

Auf der Titelseite der Printausgabe am Sonntag war allerdings nichts mehr subtil: Die Bundeskanzlerin wird mit einem aufsehenerregenden „Heil“ gegrüßt.

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