Merkel soll Transaktionssteuer durchsetzen: Wachsender Druck auf FDP
Nach Merkels Bekenntnis zur Finanztransaktionssteuer ohne London fordern Parteien und NGOs, dass sie die Kanzlerin auch durchsetzt. Erste Liberale rücken von der Ablehnung ab.
BERLIN taz | Nachdem sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Montag dafür ausgesprochen hat, die Finanztransaktionssteuer allein in der Euro-Zone einzuführen, falls Großbritannien eine EU-weite Umsetzung weiter blockiert, wächst nun der Druck auf ihren Koalitionspartner FDP und deren Vorsitzenden Philipp Rösler, diesen Kurs mitzutragen.
CSU-Chef Horst Seehofer gab der Kanzlerin am Dienstag Rückendeckung. "Manche Dinge können auch nur von den 17 Euro-Staaten gemacht werden", sagte er der Passauer Neuen Presse. "Wir sollten die Finanztransaktionssteuer jetzt endlich einführen, da ist lang genug diskutiert worden."
Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin nannte die FDP den "parlamantarischen Arm der Finanzindustrie" und kritisierte, die Kanzlerin lasse sich "vom Leichtgewicht Rösler auf der Nase herumtanzen".
Die Linkspartei-Vorsitzende Gesine Lötzsch wies darauf hin, dass es im Bundestag auch ohne FDP eine breite Mehrheit für die Steuer gebe. Wenn Merkel dennoch auf die Durchsetzung verzichte, mache sie die Bundesrepublik und Europa zur "Geisel einer sich in Auflösung befindlichen Partei". Der Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin forderte,
Auch Detlev von Larcher vom globalisierungskritischen Netzwerk Attac, das seit Jahren für die Einführung einer solchen Steuer kämpft, fordert, dass Merkels Worte Konsequenzen haben müssten. "Wir erwarten, dass die Kanzlerin mit Hilfe ihrer Richtlinienkompetenz ihre Position in der Koalition durchsetzt."
Und der öffentliche Druck zeigt offenbar bereits Wirkung. Mit dem schleswig-holsteinischen Spitzenkandidaten Wolfgang Kubicki schwenkte am Dienstag ein erster prominenter FDP-Mann auf den Kurs der Kanzlerin ein. "Die Finanztranskationssteuer muss kommen", sagte er der Leipziger Volkszeitung. "Ich halte es nicht für klug, in dieser Frage einen Konflikt mit der Union aufzubauen."
Verlagerung verhindern
Auch der finanzpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Volker Wissing, schränkte seine zuvor strikt ablehnende Haltung am Dienstag erstmals ein und deutete Verhandlungssbereitschaft an. "Die FDP hält an ihrer Position so lange fest, wie uns kein Konzept vorgelegt wird, welches eine Verlagerung von Finanzgeschäften von Deutschland in weniger regulierte Märkte verhindert", erklärte er.
Genau für dieses Problem bietet das von der EU-Kommission vorgelegte Konzept aber eine Lösung. Ausschlaggebend für die Erhebung der Steuer soll nicht der Handelsplatz der Transaktion sein, sondern der steuerliche Wohnsitz des Handelnden; ein Verlagern von Finanztransaktionen etwa nach London würde also an der Steuerpflicht nichts ändern.
Der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionschef Michael Meister nimmt die Einwände der Liberalen darum nicht sonderlich ernst. "Entscheidend ist, dass die Steuer nicht vom Orte des Handelns abhängig sein wird", sagte er am Dienstag - und folgert: "Dass der Widerstand der FDP dauerhaft Bestand hat, bezweifele ich."
Leser*innenkommentare
Branko
Gast
Wenn man statt Euronen nun mit Aktien bezahlen würde, entfiele doch die Märchensteuer.
Also ich kauf mir 'nen neues Auto, und bezahl den Autohändler mit Aktien, die denselben Wert haben, wie der Kaufpreis ist.
Preisnachlass 18% - weil ja weder ich noch der Autohändler Steuern eine Börsentransaktion abführen müssen.
Werner Schwyderski
Gast
Das Schlimme an dem, was hier als "Finanztransaktionssteuer" von der Politik verkauft wird: Es trägt so, wie es nun angedacht wird nur zur Bereicherung der Banken bei:
http://www.die-krise.com/finanztransaktionssteuer-aktuelles-news-was-ist-finanztransaktionssteuer/
messerjokel
Gast
ein Konto in England auf und tätigt dort seine
Transaktionen. ...
Ein Konto aufzumachen allein wird nicht genügen.
Dazu müssen Sie schon Wohn- bzw. Firmensitz verlegen, oder aber eine Briefkastenfirma aufmachen.^^
Hat alles so seine Fallstrike.
Sooo einfach wie Sie das darstellen isses dann aber nich ^^
tom
Gast
Da werden wohl etliche büros in london gebraucht.
die freuen sich !!!
nicht nötig
Gast
Diese Steuer ist nicht nötig, dient nur der
Verdummung der Wähler. Mit dieser Steuer sollen
nur 2. Mrd. Euro erlöst werden, das ist ja viel zuwenig um irgendetwas damit zu erreichen. Um diese Steuer zu umgehen macht man eben
ein Konto in England auf und tätigt dort seine
Transaktionen. Wie will der deutsche Staat da Zugriff haben, durch eine Stasi-Überwachungsbehörde,
oder wir bauen eine Mauer um Deutschland.
Frau Merkel kennst sich ja in diesen Dingen aus.
Alles schon mal dagewesen, schreibt Kohelet im Alten Testament.
Die Bürger werden dermaßen für blöd verkauft von Merkel bis zur Linken Partei, es ist nicht zu glauben.
sigibold
Gast
Ich wage kaum zu glauben, dass es endlich eine vernünftige Entscheidung in Sachen Finanztransaktionssteuer geben wird. Wenn die FDP auch nur einen letzten Rest von politischem Verstand besitzt, sollte sie sich nicht dagegen sperren. Sonst wird sie wirklich und endgültig Geschichte werden. Frau Merkel sollte schnell und entschlossen handeln. Dann kann sie vielleicht politisch punkten. Lässt sie aus taktischen Überlegungen Herrn Sarkozy allein handeln, wird ihr eine verspätete Entscheidung politisch nicht mehr nutzen. Sie wird wieder als die dastehen, die sich von der gelben Chaostruppe gängeln lässt und zu Entscheidungen getragen werden muss. Die Entscheidung für eine Finanztransaktionssteuer ist lange überfällig.
Nun trauen Sie sich endlich Frau Merkel!
sigibold
unsere Experten wieder
Gast
"der steuerliche Wohnsitz des Handelnden"
Wir reden aber schon noch von großen internationalen Akteuren die getroffen und von denen das Geld eingetrieben werden soll und nicht vom Angestellten Hansi Klöpke aus der Bollergasse 10 der mit seinen High Speed Surfern in Frankfurt die Finanzmärkte manipuliert?
Warum erlaubt man der Enfacheit halber nicht nur noch Aussländern das Zocken in der EU. Die Kurse werden doch sowieso schon längst nicht mehr an den kontinentalen Börsen gemacht. Da kann man sich zumindest die Verwaltungskosten für eine Steuer, die in einiger Zeit sowieso gegen Null tendieren wird, sparen.