Migrationspolitik in der EU: Grünes Licht für Melonis Lager

Das albanische Verfassungsgericht gibt den Weg frei für ein Migrationsabkommen: Italien darf Geflüchtete an der albanischen Küste aussortieren.

Ansicht eines Hafens mit Schiffen.

Hier soll das italienische Lager entstehen: Hafen im albanischen Shëngjin Foto: Armando Babani/ap

BERLIN taz | Albaniens Verfassungsgericht hat eine Klage gegen ein Migrationsabkommen mit Italien am Montag zurückgewiesen. Das Abkommen beeinträchtige „nicht die territoriale Integrität“ Albaniens, erklärte das Gericht. Die Pläne waren ihm zur Prüfung vorgelegt worden, nachdem die Oppositionsparteien erklärt hatten, es verstoße gegen internationale Standards für die Rechte von Migranten und sei „gefährlich“ für die Sicherheit Albaniens.

Das im November unterzeichnete Memorandum ist zunächst auf fünf Jahre befristet. Es sieht die Errichtung einer Registrierungs- und Screening-Einrichtung im Hafen von Shëngjin in Nordalbanien vor, außerdem ein Asylverfahrens- und Abschiebelager mit rund 3.000 Plätzen in Gjader, einige Kilometer weiter nördlich vor. Dort sollen Anträge auf Asyl in Italien geprüft werden. Wird dieses gewährt, sollen die Menschen nach Italien ausreisen dürfen. Anderenfalls sollen sie direkt aus Albanien abgeschoben werden.

Italien strebt an, hier jährlich 36.000 Menschen abzufertigen. Das setzt eine Verweildauer von nicht mehr als vier Wochen bis zur Weiterreise nach Italien oder der Abschiebung in ein Herkunftsland aus – ein unrealistisch kurzer Zeitraum. Wahrscheinlich ist, dass die Anzahl der in dem Lager untergebrachten Menschen deshalb immer weiter anschwellen wird.

In der vergangenen Woche hat Italiens Abgeordnetenkammer dem Deal zugestimmt. Für die nächsten Tage sind die Abstimmungen im italienischen Senat und im albanischen Parlament vorgesehen.

Lager in Albanien unter italienischer Jurisdiktion

Das Abkommen stellt die beiden Lager in Albanien komplett unter italienische Jurisdiktion. Auch die Beschäftigten dort sollen vollständig italienischem Recht unterworfen sein. Selbst für Leichen und Begräbnisse im Falle des Todes von Internierten wäre Italien zuständig.

Offen lässt das Abkommen hingegen, was mit jenen Mi­gran­t:in­nen passieren soll, deren Asylantrag abgelehnt wird, die aber nicht in ihr Herkunftsland abgeschoben werden können. Albaniens Regierung hatte dazu gesagt, dies sei das Problem Italiens. Die albanische Rechte argwöhnt indes, dass die Menschen einfach in Albanien bleiben würden.

Um Konflikte mit dem EU-Asylrecht zu vermeiden, sollen in dem Lager nur Menschen untergebracht werden, die von Italien auf Hoher See gerettet werden. Wer hingegen Italiens Hoheitsgewässer oder Küsten erreicht, hat Anspruch auf ein Asylverfahren in der EU und wird das weiterhin in Italien durchlaufen. Auch von NGOs Gerettete, Minderjährige, schwangere Frauen und „schutzbedürftige“ Personen sollen weiter nach Italien gebracht werden.

Die Nichtregierungsorganisation International Rescue Committee hat das Abkommen als „entmenschlichend“ verurteilt. Amnesty International nannte es „illegal und nicht durchsetzbar“.

„Illegal und nicht durchsetzbar“

Laut italienischen Medienberichten soll Rom für die Zeit von 2024 bis 2029 insgesamt rund 650 Millionen Euro für das Projekt veranschlagt haben. Eine offizielle Bestätigung gibt es dafür nicht. Ebenso wenig ist klar, welcher Anteil der Summe für die tatsächlich entstehenden Kosten vorgesehen ist und was an Albanien fließt. Albaniens Regierung hat behauptet, keine Gegenleistung zu erhalten, was allgemein bezweifelt wird.

2018 hatte die EU Albanien für ein solches Modell angefragt. Das Land wies das Ansinnen damals empört zurück: Es sei, wie „verzweifelte Menschen irgendwo abzuladen, wie Giftmüll, den niemand will“, sagte Ministerpräsident Edi Rama damals. Albanien steht kurz vor der Erweiterung einer Vereinbarung mit der EU zu Einsätzen der Grenzschutzagentur Frontex.

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